Pin It

Orontea1Ohne jeden Anspruch auf Rekonstruktion oder Reenactement gelingt es in der Wiener Kammeroper, mit der Barockoper „L’Orontea“ so gut zu unterhalten, wie es wahrscheinlich zur Uraufführung 1656 am Hof des Erzherzog Ferdinand Karl von Tirol in Innsbruck der Fall war. Wien-Debütant Tomo Sugao inszenierte die Oper Antonio Cestis zum Libretto von Andrea Giacinto Cicognini witzig und dynamisch. Auch die Lautten Compagney aus Berlin trug viel zur guten Stimmung bei. 

Giacinto Andrea Cicognini (1606–1649) war in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts einer der meistgespielten Dramatiker in Europa, dessen Stücke mehrfach vertont und auch von deutschen Wandertruppen gespielt wurden. Eine seiner berühmten Dichtungen etwa ist „Il Giasone“, bekannt durch die von Francesco Cavalli komponierte Oper. Antonio Cesti (1623-1669) wiederum zählt zu den noch heute bekannten, wichtigen Komponisten der frühen Barockoper. Für Kaiser Leopold I. schrieb er das prunkvolle Werk „Il Pomo d’Oro“.Orontea4

Ein inhaltliches Merkmal der Opern des 17. Jahrhunderts ist die Fülle der Handlungsstränge und Verwicklungen, die Mischung von mythologischen Figuren, höherem und niederen Personal und die Amalgamierung von Komik und Tragik. Das macht diese frühen Stücke so reizvoll, die oft kommerziell orientiert waren. Im Verlauf der Jahrzehnte hatte sich dann ein Wandel vollzogen, der im 18. Jahrhundert zur Trennung von Opera buffa und Opera seria führte. 

Orontea2„L’Orontea“ ist eine typische Faschingsoper, die eine Karnevalisierung der Hierarchien ermöglicht. Da verliebt sich die ägyptische Königin Orontea (Hilary Cronin), die lange meint, der Liebe widerstehen zu können, plötzlich von Amors Pfeil getroffen in den armen Maler Alidoro (Gabriel Diaz). Dieser mag sich nicht so recht festlegen, denn da gibt es noch die Hofdame Silandra (Maria Ladurner) und Giacinta (Therese Troyer). Die wiederum gibt sich als Mann aus und wird von Alidoros Mutter Aristea begehrt (in der Hosenrolle Stephen Chaundy). Irgendwie dazwischen wirken der Page Tibrino (Manhan Qi) und der Säufer Gelone (Alexander Strömer). Am Ende stellt sich heraus, dass Alidoro in Wirklichkeit ein phönizischer Prinz ist und das lieto fine darf gefeiert werden.Orontea5

Regisseur Sugao läßt die Akteur*innen im Prolog (der extra für Innsbruck vom Hofdichter Appoloni dazu geschrieben wurde) als venezianische Gondolieri über die Liebe philosophieren, die allmählich ins Spielen der eigentlichen Handlung kommen. Das geschieht sehr dynamisch und humorvoll, und die Zeit vergeht wirklich rasch. Musikalischer Leiter Wolfgang Katschner sorgt mit der Lautten Compagney Berlin für den angenehmen Tonfall. Nicht ganz klar ist, weshalb zusätzliche Instrumentalstücke, wie u.a. von Salamone Rossi, Marco Uccellini oder Henry Purcell, eingebaut wurden. Ob der Abend sonst zu kurz geraten wäre? Sängerisch hätte eine insgesamt höhere Qualität lieber mehr erfreut, allerdings gleicht die Spielfreude des Ensembles diese Einschränkung aus. Oper ist Theater, und der Gesang ist ein Element von mehreren. Auch wenn das manche Aficionados nicht so gern wahrhaben wollen.

Orontea2Wie erst zu vernehmen war, möchte das Theater an der Wien aus finanziellen Gründen mit Produktionen am Spielort Kammeroper pausieren. Hoffentlich bedeutet das nicht die Schließung der Bühne, die zwar Sanierungsbedarf aufweist, aber dennoch ein Fixpunkt im Wiener Kulturleben ist.

 „L’Orontea“ am 7. Dezember 2025 (Premiere am 2. Dezember 2025) in der Kammeroper Wien. Weitere Vorstellungen bis 29. Dezember 2025

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.