- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Die meist nur mündlich tradierte Kenntnis über verschiedenste stilistische Tanzrichtungen, über tanzbetreffende Arbeits- und Aufführungsbedingungen sowie Befindlichkeiten der Tänzerschaft wird umso lückenhafter, je weiter man in frühere Jahrhunderte zurückgeht. Die Leerräume der Praxis jedoch mit theoretischen Schriften der Zeit zu füllen – wie dies oft gehandhabt wird – ist wenig zielführend, geben diese doch kaum Unterrichtsbedingungen, Trainingscharakteristika oder Entwicklungen choreografischer Materialien preis.
- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Von der verspielten Chance (2)
Viganòs und Beethovens „Die Geschöpfe des Prometheus“ wurde am 28. März 1801 zusammen mit dem Singspiel „Der Dorfbarbier“ (1796) von Schenk im Burgtheater uraufgeführt. Die Kreation scheint aber im Theateralltag unterzugehen, schon folgen die nächsten Premieren: Im Burgtheater wird Lichtensteins Oper „Bathmendi“ gegeben, im Kärntnertortheater ein Divertissement von Viganò. Die „Geschöpfe“ werden 28 Mal gespielt, neun dieser Vorstellungen finden im Kärntnertortheater statt. Die Tatsache, dass die Musik von Beethoven stammt, wird vom Publikum offenbar nicht als besondere Attraktion angesehen.
- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Von der verspielten Chance (1)
Wie sich die letzten Wochen vor der Premiere des Balletts von Viganò und Beethoven im Theater gestalteten, liegt, wie fast alles rund um diese Produktion, völlig im Dunklen. Bekannt ist, dass die Premiere verschoben wurde und man noch in den dadurch gewonnenen Tagen den Titel des Werks änderte. Aus den am 13. März 1801 auf einem Theaterzettel angekündigten „Die Menschen des Prometheus“ wurden „Die Geschöpfe des Prometheus“. Von wem und auf wessen Wunsch diese Änderung vorgenommen wurde, ist nicht überliefert. Der Verlauf der Premiere am 28. März ist ebenso unbekannt wie der Dirigent der Aufführung.
- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Macht man sich anlässlich des Amtsantritts (1. September 2020) des Schweizers Martin Schläpfer als Direktor und Chefchoreograf des Wiener Staatsballetts auf die Suche nach Angehörigen dieser Nation, die in Tanzbelangen für Wien wichtig waren, bleibt man zunächst etwas ratlos zurück. Ein zweiter Blick liefert allerdings Überraschendes zutage, denn: Stammen nicht die Habsburger, die den klassischen Tanz nach Wien brachten, aus der heutigen Schweiz? Und: Ist nicht Émile Jaques-Dalcroze, ein Gründervater der Bewegungsmoderne, Schweizer? War also die Schweiz konstitutiv für das Tanzgeschehen in dieser Stadt?
- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Von der Gestalt eines „guten“ Balletts in den Jahren um 1800
Die sicherlich spekulative Annahme, ein Jahrhundertende sei mit einer Epochenwende gleichzusetzen, trifft – in der Entwicklung des Bühnentanzes – voll und ganz auf die Wiener Szene um 1800 zu. Salvatore Viganò hatte seit 1793 hier mit fast allen Regeln und Ordnungen gebrochen, die für das mehraktige Handlungsballett noch nach 1790 gegolten hatten. Doch als er 1795 Wien verließ, traten die Traditionalisten sofort wieder auf den Plan. Würde er in seiner zweiten Wiener „Amtszeit“ (ab 1799) seine Position als radikaler Neuerer behaupten können?
- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Zum „Prometheus“-Ballett – Unterwegs auf Augenhöhe (2)
Der Pas de deux, den Salvatore Viganò sicherlich als Reverenz an Noverres 1777 herausgekommenes Divertissement „Weiß und Rosenfarb“ einfach „Rosenfarben Pas de deux“ nannte, hielt Wien sofort in Atem und löste ganz unterschiedliche, in jedem Falle aber heftige Reaktionen aus. Als revolutionär wurde die vor allem von Mme Viganò bewusst zur Schau getragene Körperlichkeit angesehen, wobei die ausdrücklich gezeigte, an der Antike orientierte Leiblichkeit noch erschreckender wirkte, als eben noch das von Johann Joachim Winckelmann evozierte Bild einer „weißen Antike” provokant negiert wurde.
- AutorIn: Gunhild Oberzaucher-Schüller
- Wiener Tanzgeschichten
Zum „Prometheus“-Ballett – Unterwegs auf Augenhöhe (1)
In den Jahren nach 1800 begann die Beethoven-Rezeption, den Meister allem Körperlichen zu entheben. Die den Komponisten immer blickdichter umhüllende „Erhabenheit“ wurde – in der Meinung vieler – nur durch die Gegebenheit gestört, dass an der Schwelle der neuen Schaffensphase ausgerechnet ein Ballett steht. Dieses Faktum ist der huldigenden wie der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Werk (noch immer) ein irritierender Stachel, mit dem umzugehen als Herausforderung gilt. Wäre da nicht der „heroische“ Stoff, dazu die „Eroica“ …