Zu den immer weitergetragenen, mit dem klassischen Tanz des 19. Jahrhunderts in Bezug stehenden Annahmen gehört eine hartnäckig vertretene Meinung, männliche Tänzer betreffend. Sie seien – so wird kolportiert –, wenn überhaupt vorhanden, von marginaler Bedeutung gewesen. Das Verzeichnis des Hofopernballetts – das Jahr 1884 sei dafür herausgegriffen – gibt eine andere Auskunft. Aufgelistet sind hier 5 Solotänzer, 4 Mimiker, 21 männliche Mitglieder des Corps de ballet und 3 engagierte Eleven. Angesichts der Diskrepanz zwischen Behauptung und belegbaren Zahlen scheint es sinnvoll, nach den Aufgaben der Tänzer zu fragen.
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In dem Zeitraum von fünfzig Jahren, der seit dem Tod von Igor Strawinski (6. April 1971 in New York) verstrichen ist, intensivierten sich die Beziehungen zwischen dem Komponisten und jenen kulturellen Sphären – Russland, Frankreich, Amerika –, in denen er lebte. Anders verhält es sich mit Mitteleuropa. Zu Lebzeiten an seinen Balletten interessiert, geriet Strawinski hier auch deswegen etwas aus dem Fokus, weil man ein herausragendes Qualitätsmerkmal seiner Musik nicht zu würdigen weiß: die Gabe, einen (TänzerInnen-)Körper in „psychische und physische Aufnahmebereitschaft“ zu versetzen.
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All jene Kinder vor Augen, die in unserer Zeit in Europa in Behelfsunterkünften vor sich hin vegetieren, ist man einem Land wie Schweden für geleistete Hilfe umso dankbarer. Es nahm in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, als hierzulande unerträgliche Not herrschte, Kinder aus Österreich auf und gab ihnen für einige Zeit ein Zuhause, gab Wärme und Zuwendung. Aus dieser Nähe entstanden auch künstlerische Bande. Genauer besehen bestand jedoch ein dialogisierendes Geben und Nehmen – auch auf dem Gebiete des Tanzes – schon seit geraumer Zeit.
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Es bedarf keineswegs der 25. Wiederkehr (25. Januar 2021) ihres Todestages, um der so außergewöhnlichen Frau des Theaters Ruth Berghaus zu gedenken. Als ausgebildete „Tanz-Regisseurin“ – bei Gret Palucca – vereinte sie zwei Künste, Choreografie und Regie. Ihre primäre Domäne war zweifellos die Choreografie, die der gebürtigen Dresdenerin – nach wesentlichen Erfolgen – in der DDR von Staats wegen untersagt wurde. Es war der damalige Leiter des Balletts der Wiener Staatsoper, Gerhard Brunner, der sie 1986 einlud, mit Hans Werner Henzes „Orpheus“ zu „ihrer“ Kunst zurückzukehren.
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Situationsbedingt musste der Premierentermin 24. November 2020 für Martin Schläpfers „4“ zu Gustav Mahlers vierter Sinfonie an der Wiener Staatsoper verschoben werden, auf ein ehebaldiges Nachholen wird gehofft! – Apropos Mahler, der allgemein als der beste Wiener Operndirektor gilt: Die Tatsache der Zuständigkeit des Hauses für Ballett sowie die Letztverantwortlichkeit des Direktors auch für diese Gattung lassen an diesem Befund zweifeln. Die Feststellung allerdings, Mahler habe in Ballettbelangen versagt, trifft nicht zu. Denn schlimmer noch: Mahler ließ das Genre, wenn er es nicht benötigte, einfach links liegen.
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Die meist nur mündlich tradierte Kenntnis über verschiedenste stilistische Tanzrichtungen, über tanzbetreffende Arbeits- und Aufführungsbedingungen sowie Befindlichkeiten der Tänzerschaft wird umso lückenhafter, je weiter man in frühere Jahrhunderte zurückgeht. Die Leerräume der Praxis jedoch mit theoretischen Schriften der Zeit zu füllen – wie dies oft gehandhabt wird – ist wenig zielführend, geben diese doch kaum Unterrichtsbedingungen, Trainingscharakteristika oder Entwicklungen choreografischer Materialien preis.
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Von der verspielten Chance (2)
Viganòs und Beethovens „Die Geschöpfe des Prometheus“ wurde am 28. März 1801 zusammen mit dem Singspiel „Der Dorfbarbier“ (1796) von Schenk im Burgtheater uraufgeführt. Die Kreation scheint aber im Theateralltag unterzugehen, schon folgen die nächsten Premieren: Im Burgtheater wird Lichtensteins Oper „Bathmendi“ gegeben, im Kärntnertortheater ein Divertissement von Viganò. Die „Geschöpfe“ werden 28 Mal gespielt, neun dieser Vorstellungen finden im Kärntnertortheater statt. Die Tatsache, dass die Musik von Beethoven stammt, wird vom Publikum offenbar nicht als besondere Attraktion angesehen.
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Von der verspielten Chance (1)
Wie sich die letzten Wochen vor der Premiere des Balletts von Viganò und Beethoven im Theater gestalteten, liegt, wie fast alles rund um diese Produktion, völlig im Dunklen. Bekannt ist, dass die Premiere verschoben wurde und man noch in den dadurch gewonnenen Tagen den Titel des Werks änderte. Aus den am 13. März 1801 auf einem Theaterzettel angekündigten „Die Menschen des Prometheus“ wurden „Die Geschöpfe des Prometheus“. Von wem und auf wessen Wunsch diese Änderung vorgenommen wurde, ist nicht überliefert. Der Verlauf der Premiere am 28. März ist ebenso unbekannt wie der Dirigent der Aufführung.
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Macht man sich anlässlich des Amtsantritts (1. September 2020) des Schweizers Martin Schläpfer als Direktor und Chefchoreograf des Wiener Staatsballetts auf die Suche nach Angehörigen dieser Nation, die in Tanzbelangen für Wien wichtig waren, bleibt man zunächst etwas ratlos zurück. Ein zweiter Blick liefert allerdings Überraschendes zutage, denn: Stammen nicht die Habsburger, die den klassischen Tanz nach Wien brachten, aus der heutigen Schweiz? Und: Ist nicht Émile Jaques-Dalcroze, ein Gründervater der Bewegungsmoderne, Schweizer? War also die Schweiz konstitutiv für das Tanzgeschehen in dieser Stadt?