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Dorsch icon„Ich sitze im kleinsten Raum des Hauses. Ich habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben.“ So elegant beschied der Komponist Max Reger einem Kritiker, was er von dessen Geschreibe hielt.

Zum Glück trete ich nie öffentlich auf (womit auch!), denn ich würde auch sehr unschön auf Kritik reagieren. Zum neuesten Eklat, den wir Herrn Marco Goecke zu verdanken haben, fiel mir ja gleich ein, dass wir zwei Hunde im Haushalt haben, an deren höchst aktive Verdauung Goeckes mickrige Dackelin Gusti bei weitem nicht heranreichen kann. Also beste Voraussetzungen für Kritiker-Dialoge auf höchster Ebene, vom Odeur einmal abgesehen.

Ich vermute einmal, dass die Schauspiel-Ikone der Nachkriegszeit, Käthe Dorsch, keinen Hund zur Hand oder sonstwie schlecht vorbereitet war. Sie passte den schon etwas aufgeblasenen Kritiker-Papst Hans Weigel im Café Raimund vis-à-vis des Wiener Volkstheaters ab und ließ zwei Ohrfeigen auf das Kritikergesicht klatschen. Sehr puristisch, ohne Requisite, also. Auch der Begleittext zur Dorsch’schen Performance war recht einfach: „ich finde es an der Zeit, dass Sie einmal eine ordentlich aufs Maul bekommen ...“ soll sie in etwa gesagt haben.

Doch zurück zur Tanzkritik: sieht man mal von der bösen, klartextsicheren FAZ-Dame Wiebke Hüster ab, formulieren doch sehr sehr viele Kolleg:innen der Kritikerzunft wie in einem wortklirrenden Elfenbeinturm. Sie ondulieren mehr, als dass sie formulieren. Also, einen gewissen Textnarzissmus will ich besten Willens nicht von der Hand weisen. (Übrigens: Sollte dieser Mandl-Blog auch von Kritiker:innen von tanz.at gelesen werden, fühlen Sie sich bitte sicherheitshalber auch angesprochen.)

Allerdings minimiert die Wortverliebtheit der Kritik natürlich das Risiko, volley einen Wauwau-Kack-Sack oder Maulschellen zu empfangen. Oftmals ist ja, bis der Text vom Rezipienten verstanden wurde, das Stück schon vom Programm genommen. 

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