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Ivo BrockeDer Tänzer und Choreograf Ismael Ivo ist am 8. April 2021 in seiner Heimatstadt São Paulo im Alter von 66 Jahren an einer Corona-infektion gestorben. Als Mitbegründer und langjähriger künstlerischer Leiter des Impulstanz-Festivals hat er seit den 1980er Jahren die Entwicklung der zeitgenössischen Tanzszene in Wien maßgeblich beeinflusst.

Nach seinen Tanz- und Schauspielstudien in São Paulo, traf Ismael Ivo 1983 auf Alvin Ailey, der ihn nach New York an seine Schule einlud. Dort festigte er seine technischen und künstlerischen Fähigkeiten. In seiner professionellen Entwicklung prägte ihn die Zusammenarbeit mit wegweisenden Künstlern seiner Zeit wie dem japanischen Butoh-Tänzer Ushio Amagatsu,  Heiner Müller, George Tabori, Marcia Haydée und Marina Abramović. Ästhetisch standen sich Ismael Ivo und der Pionier des choreografischen Tanztheaters Johann Kresnik nahe. Beide hatten einen direkten, expressiven und kompromisslosen Zugang, mit dem sie die Inhalte ihrer Stücke in Szene setzten. Eindrucksvoll war er auch als Tänzer in „Narcissus“, einer Choreografie von Rosalia Chladek, die die Ikone des österreichischen Ausdruckstanzes persönlich mit ihm einstudierte. (Ein Portrait des „Wiener Brasilianers“ ist in der Wiener Tanzgeschichte „Der Ivo: Schattierungen eines Ausdruckskörpers“ im August 2016 auf tanz.at erschienen.)Chladek Ivo

Mit über fünfzig eigenen abendfüllenden Stücken wurde Ismael Ivo durch Welttourneen schnell zu einem der berühmtesten Protagonisten des Tanztheaters. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u. a. für "Die Zofen" mit Yoshi Oida und Koffi Kôkô als „Outstanding Performance of the Year“ in London, die Medaille von São Paulo, das Ehrenkreuz für Verdienste um die brasilianische Kultur, das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien sowie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

Neben seinem umfangreichen künstlerischen Schaffen gründete er 1984 gemeinsam mit Karl Regensburger die Internationalen Tanzwochen Wien, seit 1988 ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival, wo er bis zuletzt als künstlerischer Berater tätig war.

Von 1997 bis 2000 war Ismael Ivo Chefchoreograf am Deutschen Nationaltheater Weimar. Von 2005 bis 2012 leitete er die Sparte Tanz der Biennale di Venezia und das International Festival of Contemporary Dance in Venedig. Dort rief er den Goldenen Löwen der Biennale für Tanz ins Leben. Diesen überreichte er Pina Bausch, Jiří Kylián, Carolyn Carlson, William Forsythe und Sylvie Guillem. 2009 gründete er dort das Contemporary Dance Research Center Arsenale della Danza, das 2011 im Rahmen der Biennale institutionalisiert wurde.

Von 2017 bis 2020 war Ismael Ivo Direktor des Balé da Cidade de São Paulo und leitete gemeinsam mit Dirigent Roberto Minczuk das Theatro Municipal de São Paulo. Im Herbst 2020 wurde er künstlerischer Berater für den brasilianischen Fernsehsender TV Cultura.

Ivo MiernikBei ImPulsTanz wirkte Ismael Ivo zuletzt im Jahr 2019 – mit seinen Workshops, mit denen er über Jahrzehnte Generationen von Hobby- und Profitänzer*innen begeisterte, und seiner Compagnie des Balé da Cidade de São Paulo mit dem Stück Um Jeito de Corpo (choreografiert von Morena Nascimento) im Burgtheater (tanz.at berichtete). „Wir hätten uns gewünscht, ihn auch in diesem Sommer wieder in Wien willkommen zu heißen, Workshops und Symposien waren bereits vereinbart“, schreibt ImpulsTanz in der Presseaussendung. Doch tragischerweise brachte die Covid-Erkrankung den Tänzer für Wochen auf die Intensivabteilung, die er vor kurzem wieder verlassen konnte, bevor ein erneuter Rückschlag kam und zu seinem Tod führte.

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