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DoSFestivalimageWenn Filmkunst und die Kunst des Tanzes einander auf Augenhöhe begegnen, um im Zusammenklang gemeinsam zu gestalten, dann kann das Ergebnis ein im besten Sinne homogenes, spartenübergreifend kreatives Kunstwerk sein. Welch Qualität und Vielfalt in formaler wie inhaltlicher Hinsicht sich tatsächlich durch filmisch erzählte Körpersprache weltweit auftut, das war in dieser 9. Ausgabe des Festivals anhand von 48 Filmen im Kunsthaus Graz zu sehen.

Die von Valentina Moar (künstlerische Leitung) aus 398 Einreichungen ausgewählten, maximal 25 Minuten langen Filme sollen in diesem Jahr die Suche nach einem Common Sense dokumentieren; ein hochaktuelles Thema in einer Zeit der egozentrischen Abgrenzung. Gefunden wurden – wenig erstaunlich – zahlreiche gegenwarts- und zukunftskritische, hochinteressante Antworten. Der bei aller Bild-Poesie im Vergleich zu vergangenen Jahren pragmatischere, pessimistischere Ansatz in der künstlerischen Auseinandersetzung entspricht als roter Faden aktuellen, gesellschaftlichen Tendenzen und Empfindungen: Sie hinterfragen diesmal noch aufmerksamer, sind verunsichert, aufrührerisch, lenken aber auch ab und decken zu – sehr oft, scheint es, um durchzuatmen für ein „Trotzdem“. Eine Antwort, die künstlerischem Tun gut ansteht!

Dort, wo Körpersprache persönliche Befindlichkeit ausdrückt, ist es weniger (wie vormals häufig) larmoyante Nabelschau, sondern hochsensible, ehrliche Offenheit: „Dear Passengers“ (Madli Lääne) oder unbändiges Aufbäumen: „Kill the Minotaur“ (Naya Kuu), „As the Call, so the Echjo“(Alex Raúl), kontrastierend zu in Akzeptanz gipfelnder Ruhe. Filmisch einerseits mit harten Schnitten verstärkt oder aber wie bei Raúl lediglich zurückhaltend, aber perspektivisch gut ‚kommentiert‘. Das Potential von Kinematografie ist in zwei Filmen, in „TUTUTANGO“ (Dorothee Elfring, Michael Finbar Sheehan) und in „Feeling“ (Paulina Michta), in denen Zwischenmenschliches thematisiert wird, besonders überzeugend: Es handelt sich hier, in „Tututango“ ausschließlich um Fotomontagen in filmischer Widergabe, die Aufnahmen einer Klassischen Tänzerin und eines Tangotänzers zeigen und die die Anziehung von zwei konträren Menschen (und Ausdrucksformen) verbildlichen. In „Feeling“ wird ‚traditionell‘, aber mit außergewöhnlich feinfühliger Aufnahmetechnik bewegungsimmanent erzählt.DoSUWD

Mit welch Zartgefühl Gedächtnisverlust begegnet werden soll(te) und filmisch/bewegungsimmanent hier, in „Or We don’t Talk at all“ (Kit Brown, Carl Folkesson Kaerlidag) diesem begegnet wird, ist mehr als bemerkenswert.

Am anderen Ende der thematischen und auch filmisch-formalen Palette steht etwa „Factory Drop“ (Petja Pulkrabek). Es sind markante, aber nicht sehr neue (Bewegungs-) Bilder von rücksichtlos ausgenutzten, ihrer humanen Würde beraubten Menschen; allerdings etwas plakativ aufwendig dargeboten. Aufwand steht auch hinter dem von der dreiköpfigen internationalen Jury preisgekrönten Werk „UWD“ von Brigitte Poupart (Canada). Aber hier dominiert tiefgreifende Poetik, die sich sowohl in den dramatisch-absurden Szenenfolgen wie in der berührenden, unsentimental gezeichneten Hilflosigkeit der Personen manifestiert. Da wird atmosphärisch Wesentliches unserer schwer zu begreifenden Gegenwart in den Griff bekommen. 

DoSSomberTidesIm Grunde ist es widersinnig, mit großem technischen Aufwand (grandiose Flugaufnahmen, gedreht an spektakulären Orten des Nordens  und in ebensolchem Kostüm) unser aufwendiges, die Erde ausbeutendes Leben an den Pranger zu stellen, Aber gleichzeitig mag sich diese ‚Groteske‘ derart umso deutlicher als ein im Grunde wenig effektives Bemühen um eine lebenswerte Zukunft einprägen und zum Nachdenken anregen. Dass „Somber Tides“ von Chantal Caron (Canada) also den Preis für die beste Choreografie erhielt ist nachvollziehbar; auch das Publikum traf dieses Urteil. Mit ‚Special mention‘ wurde „Déjà nu“ von Rolf Hellat bedacht. 

Etwas, was auch dem Animationsfilm „Like Drops on a Bed of Embers“ (Juliette Pons) aus Gründen der überaus gelungenen Verbindung von Zeichentechnik und zart/ungewöhnlicher Liebes-Thematik zustünde. Und nicht zuletzt „SeCure“ (Zoé Kugler, Jana Dünner), denen eine künstlerisch originär und überaus feinsinnig Auseinandersetzung mit dem brisanten Thema des sexuellen Missbrauchs gelungen ist. Beide Filme sowie auch der bereits erwähnte „Feeling“ präsentierten sich im Rahmen von ‚Student Competition“. DoSDejaNu

Vier sehenswerte Produktionen gab es als ‚New Austrian Creators‘ kennenzulernen. „Sounds we Take for Granted“ (Lydia Uroko und Rebecca Kamara-Gross) sticht einerseits durch perspektivisch gezielte Kameraführung (DOP: Shereen Deen, Leilei Sun) hervor. Andererseits ist der Versuch, sich mit-bewegend in den Rhythmus der ‚Stadt-Natur‘ einzufügen, von unter die Haut gehender Überzeugungskraft. Eine Verbindung des Menschen zur unverbauten Natur wird im surrealen Film „Shake Stew“ (Rupert Höller) gesucht; starke Einzelszenen fesseln, eine Verbindung zwischen diesen fehlt allerdings teilweise. „Kuckucksnest“ (Xianghui Zeng), realisiert in einem stimmig eingesetzten ‚lost place‘, gewinnt von Szene zu Szene an Ausdrucksstärke, gipfelnd im packend surrealen Ende einer Rückblende. 

Dance on Screen, 8. bis 10. November 2024 im Kunsthaus Graz 

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