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Wonder1Sobald das aufgeregte Gewusel und Gemurmel im vollbesetzten Zuschauerraum verebben, entfaltet sich auf der Bühne ein temporeiches Kaleidoskop scheinbar unbeschwerter Szenen körperlicher Ausdruckform. Verwurzelt sind sie in dem, was als „zeitgenössischer Zirkus“ auch in Österreich nun sowohl bei Aktiven als auch beim Publikum breiteres Interesse findet.

Der überregional vernetzte Verein Grazer Akrosphäre, 2015 gegründet von Kerstin Oschabnig und Uwe Sattelkow, ist eine Plattform für alle Zirkus-Interessierten, bietet Aus- Fortbildung und Training in zeitgenössischen und verwandten Zirkusdisziplinen und veranstaltete neben anderen Auftritten heuer zum 5.Mal „Evenings of Wonders“, ein ‚Zirkus Varieté‘.Wonder2

Launig unterhaltsam, witzig, aber auch informativ moderiert sind selbst die kurzen Umbauszenen zwischen den 13 Acts kaum Atempausen oder gar Durchhänger des gut zweistündigen Programms. Eines, das wohlüberlegt arrangiert ein überzeugendes Zusammenspiel von Profis und Amateuren jeden Alters darstellt. So zeigten die „Kids“, also die 7-12Jährigen, ein selbst kreiertes Stück mittels unterschiedlicher Luftakrobatik am Reck, im Ring oder Tuch. Geradezu berührend machen sie begreifbar, wie sehr Zusammenarbeit und Vertrauen körperliches Können zu Körperkunst werden lässt. 

Wonder3Diese kreative, bewegende Kraft, die aus einem aufmerksamen Miteinander erwächst, zieht sich - auch im übergeordneten Sinne – wesentlich und mitreißend durch den Abend. Bodenakrobatik zwischen einem Vater und seinen zwei Kindern geht da selbstverständlich besonders unter die Haut, sollte aber gleichzeitig vorbildhaft aufzeigen, dass Achtsamkeit und Verlässlichkeit zusätzlich zu zielstrebigem Tun altersunabhängig eine tragfähige Basis sind. Wie amüsant – neben eingestreuter Kritik - harmonisches Zusammenspiel aber auch sein kann, zeigt ein performativer Pas de Trois in Stummfilm-Layout. Und dass kooperatives Tun nicht unbedingt den und dem Lebenden vorbehalten ist, veranschaulichen mit herausragender, mehrgleisiger Kunstfertigkeit Jasmin Heyer und Uwe Sattelkow: Sie tun es mit großem Ernst, wenn sie ein Klavier in ihrer Bodenakrobatik zu ihrem ‚Partner auf Augenhöhe‘ machen. Sie tun es aber auch mit einem kleinen Augenzwinkern, wenn sie ihre Kooperation als eine von 2 1/2 Akteuren vorstellen. Und letztlich taucht im Hintergrund ihres sehr eigenwilligen ‚Objekttheaters‘ schemenhaft ein sehr zeitimmanenter Faktor auf: Die Identitätsfrage und die mögliche Verselbständigung von Objekten. 

Einem anderen ernsten, ja bedrohlichen Thema widmen sich Luftakrobatinnen am Aerial Silk in „Wald“: Metaphern artig führen sie im Fluss ihrer geschmeidigen Bewegungen eine grundsätzlich gegebene und mögliche Harmonie im Weltengeschehen vor Augen. Eingespielte Motorengeräusche bereiten all dem ein fatales Ende. Wonder5

Wie sehr sich der Mensch immer wieder selbst ein Feind ist, visualisiert faszinierend eine Bodenakrobatik-Choreografie. Aber auch das tief Emotionale des Lebens wird in die Lüfte gezaubert – in vielen Programmpunkten und hier ganz besonders markant und einfühlsam unterstützt vom Lichtdesign: In „Bedtime Stories“ malen die beiden Künstlerinnen mit Körper-Linien und jenen der Tücher Lebensfreude, Übermut bis hin zur Erschöpfung in den Raum; schön, dass ein letztliches Zusammenfinden der beiden diesen Tanz beendet.

Meditativ „Dual“ (Josh und Cloe), das abschließend den Programmreigen tänzerisch gestaltende Bild eines innigen Gleichklangs zweier Menschen in Bewegung.

Akrosphäre: „Evening of Wonders“, 16. Februar 2024 im Orpheum Graz

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