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Cleopatra1Wenn Impresario Bernd Bienert eine Oper der Barockzeit auf die Bühne bringt, dann orientiert er sich nicht nur an der historischen Aufführungspraxis und -ausstattung, sondern wählt auch sehr sorgfältig den Ort dafür aus. Dieser ganzheitliche, künstlerische Zugang führt das Publikum auf eine sinnliche Kultur-Zeitreise, die wunderbar vielfältige Perspektiven auf, oft in Vergessenheit geratene, Werken der Opernliteratur eröffnet. Dieses Jahr gelang das dem Teatro Barocco mit „Antonio e Cleopatra“ in Stift Göttweig.

Mit seiner Serenata “Antonio e Cleopatra” landete der deutsche Komponist Johann Adolph Hasse in Neapel 1725 einen frühen Erfolg und legte damit den Grundstein für seine lange Karriere als (Opern-)komponist. Mit einer Apotheose huldigte er darin Kaiser Karl VI. Einige Jahre später wurde Hasse als Musiklehrer für dessen Tochter Maria Theresia bestellt. Cleopatra2

In diesem Zusammenhang bietet sich Stift Göttweig als idealer Ort für die Wiederaufnahme. Im Aufgang zum Altmanni-Saal befindet sich ein Deckenfresko von Paul Troger mit Kaiser Karl VI als Apollo im Zentrum und Maria Theresia zu seiner Rechten. Außerdem verfügt der Altmanni-Saal über die ideale Größe. Wie der Ort der Uraufführung des Werkes bietet er Platz für knapp über 100 Zuhörer*innen.

Für das Bühnenbild hat sich Bienert diesmal vom Ostertheater Lienz aus dem 18. Jahrhundert inspirieren lassen, Cleopatras Kostüm samt Federn-Kopfschmuck wurde nach einem Gemälde, das Marie Antoinette zeigt, entworfen und geschneidert. 

Cleopatra3Soweit der Rahmen, in dem sich das Reenactment der Barockoper entfaltet, als musikalische Dialoge zwischen Cleopatra und Antonio nach der Niederlage in der Schlacht von Actium. Noch einmal beschwören sie ihre Liebe, schmiedet Antonio Pläne für eine Revanche. Er wird von Cleopatra überzeugt, dass ein derartiges Unterfangen unweigerlich scheitern und sie als Sklavin nach Rom verschleppt würde. Eindringlich führt sie ihr mutmaßliches Schicksal und die Schmach vor Augen. Schließlich willigt Antonio in den gemeinsamen Freitod ein. 

„Körperrede“

Mit präzisen und einfachen Gesten choreografiert der Tänzer Bienert die „Körperrede“, die den Text der Rezitative und Arien optisch in Szene setzen und sich an der historischen Aufführungspraxis orientiert. Er bringt damit den Theaterusus des 18. Jahrhunderts greifbar nahe in unsere Zeit. Cleopatra4

Freilich findet diese originalgetreuen Inszenierung auch auf höchstem musikalischen Niveau statt. Das Orchester unter der musikalischen Leitung von Davide Mariano am Cembalo spielt auf Originalinstrumenten. Dass sowohl die Rolle des Antonio als auch die der Cleopatra mit Frauen besetzt sind, reflektiert ebenfalls die barocke Aufführungspraxis (bei der Uraufführung durch eine Sängerin und einen Kastraten). Katharina Adamcyk als Cleopatra und Alina Dragnea als Antonio überzeugen in ihren Rollen und mit ihren wunderbaren Stimmen.

Die Tänzerin Bettina Knett wirkt als eine Art Zeremonienmeister: mit historischem Schrittmaterial zu Beginn und am Ende der zwei Akte. Im Schlussduett, in dem die Liebenden ihre ewige Verbundenheit im Jenseits besingen, verkörpert sie die musikalische Apotheose auf Karl VI. So wird der Freitod als Symbol für die Begründung des glorreichen Habsburgerreichs durch Karl den Großen und unter seinen Nachfahren gefeiert.

Cleopatra6Ein Repertoire im Originalklang und -bild

Seit 2012 stellt Bernd Bienerts Teatro Barocco diese sehr originelle, eigenständige und originalgetreue Annährung an die Überlieferung des Barocktheaters auf verschiedene Bühnen in Niederösterreich und Wien. Er entdeckte das Laxenburger Schlosstheater als Orgininalschauplatz von Mozarts „Figaro“ und Hasses „Piramo e Tisbe“ wieder und belebte das Schönbrunner Schlosstheater mit Mozart und Gluck-Opern. Das erstmalige Gastspiel in Stift Göttweig schreibt diese Tradition würdig fort. Dazu hat Bienert heuer auch den informativen und reich bebilderten Werkkatalog „Teatro Barocco. Oper als Körperrede. Liebeerklärung an Mozarts Musiktheater“ herausgegeben, der einen umfassenden Rückblick auf diese außergewöhnliche, in Österreich einzigartige, Arbeit bietet. Ein Schmökern in dem Buch macht Lust auf Wiederaufnahmen der sorgfältig recherchierten und akribisch umgesetzten Produktionen des mittlerweile umfangreichen Repertoire des Teatro Barocco.

Teatro Barocco: „Antonio e Cleopatra“, am 9. September (Premiere am 2. September) in Stift Göttweig. Weitere Vorstellungen bis 7. Oktober, jeweils Samstag und Sonntag.  

 

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