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Mandlblog6v2Sagen wir einmal so: Man sollte schon ein gefestigter Typ oder wenigstens mit besten Antidepressiva versorgt sein, um sich auf Ankoku Butoh einzulassen. 

Butoh wurde in den 1950er-Jahren in Japan entwickelt, es war eine fernöstliche Gegenbewegung zum modernen Tanz Europas und Amerikas. Traditionen aus Religion, No, Kabuki spielen mit. Zu den Butoh-Pionieren zählten Tatsumi Hijikata und Kazuo Ōno. Größen der zweiten und dritten Generation wie Kō Murobushi oder Tadashi Endo trugen Kunst und Wissen weiter. 

Österreich ist nicht wirklich reich an Butoh-Lehrenden. Persönlich schätzen gelernt habe ich die charismatische Natascha Wöss, die in Linz regelmäßig Unterricht bietet. 

Ja, Butoh ist der „Tanz der Finsternis“. Keine richtigen Regeln. Meist langsame zeitlupeartige Bewegungen, oftmals weiße Gesichter und Hände, sprach- und meist auch musiklos. 

Je nach Lehrer:in gibt es Basics – die zentrierte Achse, Extension, Contraction, Hijikatas „Bugs Walk“, aber im Grunde alles, was aus Dir heraus- und in Dich hineingeht. 

Ich durfte Anfang der 2000er beim großen Kō Murobushi den Butoh studieren. Verstörend in mehrfacher Hinsicht, denn der wesentlich ältere kettenrauchende Japaner murmelte in brüchigem English immer wieder etwas von „axis“ und „position“, zeigte aber gottlob seine Figuren immer auch vor. Möwe, Kakerlake, Alter, Heroin, waren unter anderem die Positionen. Ja, und vor allem das Fallen übten wir bis der Tanzboden brüchig wurde. 

Begeistert vor allem von dieser neuen Fall-Fertigkeit eilte ich nach Hause, und ließ mich, anstatt wie sonst meine Frau zu umarmen, - fallen. Dabei ging fast eine Kastentüre zu Bruch und auch meine Frau zuckte merklich zusammen. 

Der inzwischen leider verstorbene Murobushi aber beäugte im Training jede meiner Bewegungen und feixte still in sich hinein – es war eine körperlich und seelisch harte Probe für mich. 

Trotz allem hat mich der Butoh nicht mehr losgelassen. Der Tanz der Finsternis ist eine wunderbare Möglichkeit, sich und die Welt in eine Perspektive zu drehen, die sonst kaum möglich ist. Und die zwei gerissenen Achillessehnen, die dem Butoh geschuldet waren, habe ich gerne dem Tanz geopfert.

PS.: Aus eigener Arbeit gibt es von mir aus dem Vorjahr ein kleines Video: Guilt (Dawn) - YouTube

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Zuvor: Lost in Dance (5): Auf kleiner Stufe im Rohr, zehn Minuten …

Demnächst: Ich vogue.

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