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Die „Großstadtsafari“ des norwegischen Choreografen Jo Strømgren ist kein fröhlicher Ausflug, sondern das düstere Abenteuer einer Nacht. In der explosiven Performance der Iceland Dance Company war die eindrucksvolle und dynamische Impression eine der Höhepunkt des Nordeuropa-Schwerpunktes der Tanztage 2011 im Linzer Posthof.

Düstere Gestalten, manche mit Gesichtsmasken, manche schwarz bemalt, alle in tiefes Schwarz – Latex und Lack, Spitze und Tüll – gekleidet, lösen sich aus dem Bühnendunkel. Was sie hier wollen, wo alles in gespenstischem Halbdunkel bleibt, nur hie und da ein Lichtstrahl aus dem Hintergrund bricht, wissen sie wohl selbst nicht. Sie suchen Kontakt und finden Streit, können ihre Gefühle nur mit Tritten und Schlägen ausdrücken und versuchen doch immer wieder zärtliche Annäherungen. Harte Zurückweisung, explodierende Aggressivität ist die Antwort. Dazu donnert, hämmert und schlägt der Techno-Beat der Schweizer Post-Industrial-Band „The Young Gods“.

Strømgren, der das Ballett für das Oslo Dance Ensemble kreiert hat, gibt den Assoziationen und Interpretationen breiten Raum. Auf diesem öffentlichen Platz, wo sich die jugendlichen Nachtgestalten treffen, ist kein Raum für Intimität und Liebesgeflüster, nicht einmal für Freundschaften. Jeder ist für sich allein und muss trachten, durchzukommen, nicht unter zu gehen, zu überleben. Die TänzerInnen aus Reykjavík arbeiten mit schwungvoller Akrobatik und kraftvollen, rasanten Bewegungen. Knäuel von Armen und Beinen werden so schnell entwirrt, dass gar nicht zu erkennen ist, wer da mit wem gerangelt und plötzlich sind neun der zehn NachtschwärmerInnen verschwunden und eine schwarze Prinzessin tanzt einsam und allein im Lichtstrahl. Gleich darauf stürmen sie wieder auf die Bühne, bilden eine energiegeladene Masse, in der jeder und jede verzweifelt versucht, sie selbst zu bleiben. Als hätte ein Schlag die Geisterstunde beendet, sind sie nach guten 20 Minuten plötzlich verschwunden. Es wird hell, jetzt donnert der Applaus. Nicht nur  für die hervorragende TänzerInnen, auch für den weltweit anerkannten Choreografen, der gemeinsam mit Aðalsteinn Stefánsson auch für das Lichtdesign verantwortlich ist und nicht zuletzt für Raven (Hrafnhildur Hólmgeirsdóttir), die die Kostüme entworfen hat.

Leiser und zu genauerem Hinsehen und Einfühlen gedacht, zeigt sich das zweite Stück der Gäste aus Island. In „Station Gray – Last Stop“ zeigt der 25jährige schwedische Choreograf Alexander Ekman mit Humor und auch deftigem Klamauk alte Menschen, die auf der Suche nach längst vergangenen Jugendtagen sind. In der theatralischen Mixtur aus Slapstick und Tanz sind die TänzerInnen kaum wieder zu erkennen. Alle Energie ist aus ihnen gewichen, die Schultern hängen, die Augen schielen, die Münder sind zu Grimassen verzogen, mit schlurfenden Schritten taumeln sie über die Bühne. Wenn zwei Tänzer bei Tisch sitzen, mit Karotten und Crackers die Essensgeräusche im Seniorenheim nachahmen und die Mahlzeit schließlich in eine Tortenschlacht mit Mehl und Kornflocken ausarten lassen, ist das Publikum so sehr amüsiert, dass die restlichen Alterln, die erschöpft auf dem Boden liegen und bei jedem Knackgeräusch mit wilden Zuckungen reagieren, kaum beachtet werden. Ergänzt wird die Performance  durch ein gar köstliches Video, in dem die Gruppe ins Hallenbad geführt wird. Ekman selbst hat die Oldies im Zeitraffer und durch perfekte Schnitttechnik schwimmen und springen lassen wie junge Delphine. Trotz seiner jungen Jahre hat Ekman schon mehrere Preise gewonnen, zuletzt für „Station Gray – Last Stop“ den isländischen „Griman“ Award für die beste Choreografie des Jahres 2008.

Iceland Dance Company, 15.April 2011, im Rahmen der Tanztage 2001, Posthof, Linz

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