Die Premiere von „La Sylphide“ mit dem Wiener Staatsballett geriet zum Triumpf für Irina Tsymbal in der Titelrolle. Sie tanzt das unfassbare Waldwesen nicht nur, sie ist „La Sylphide“. Für ihre unnachahmliche Leistung in dem romantischen Ballett wurde sie nach der Vorstellung von Ballettdirektor Manuel Legris zur Ersten Solotänzerin ernannt.
„La Sylphide“, das von Pierre Lacotte wieder entdeckte und nach Originalaufzeichnungen bearbeitete Ballett von Filippo Taglioni (uraufgeführt 1832 in Paris), lebt Auch wenn die geflügelte Waldfee selbst sterben muss. Die beachtlichen Leistungen des Corps du ballet und der SolistInnen (Nina Poláková als Effie, Roman Lazik als James) verblassen angesichts der schwebenden Schönheit Irina Tsymbals. Makellos in Technik und Ausdruck verkörpert sie die romantische Tänzerin schlechthin und ist zwei Akte lang personifizierte Sehnsucht, unerreichbares Ideal. Will man sie fassen entgleitet sie wie Wasser aus den Händen, will man sie fangen, zerfallen, einem Schmetterling gleich, die Flügel zu Staub und die Sylphide muss sterben.
James, der seine Braut Effie sitzen lässt, um der Fee nach zu jagen, erkennt die bittere Wahrheit zu spät. Indem er sie besitzen will, tötet er die Sylphide und stirbt selbst aus Kummer. Roman Lazik ist Tsymbal ein guter Partner, doch mehr eleganter Prinz als ein etwas naiver, verwirrter schottische Schäfer, der sich in seinen Fantasien verheddert. Im Kernstück des Balletts, einem Pas de trois von James, Effie und der Sylphide im 1. Akt, kann auch Nina Poláková ihre technische Perfektion zeigen. Entsprechend dem Handlungsort im schottischen Hochland, hat der Komponist, Jean-Madeleine Schneitzhoeffer dem Corps volkstanzartige Melodien zugedacht, wozu Taglioni / Lacotte wie im schottischen Country Dancing schwierige Schrittfolgen vorgeben, deren perfekte Ausführung Direktor Legris zu einem Sonderlob für die Herren und Damen des Corps hingerissen hat.
Dass diese Premiere etwas Unnachahmliches sein würde, wussten auch die Mitglieder des Orchesters der Wiener Staatsoper. Sie waren mit der ersten Garde angetreten und begleiteten unter der einfühlsamen Stabführung von Peter Ernst Lassen die TänzerInnen auf hervorragende Weise. Wenn aus den Reihen der Bläser kein einziger Gickser zu hören ist, dann müssen auch Orchester und Dirigent vor den (ganz im romantischen Stil von zwei Lakaien aufgehaltenen) Samtvorhang gebeten werden.
„La Sylphide“, Premiere an der Wiener Staatsoper mit dem Wiener Staatsballett, 26. 10. 2011.
Nächste Vorstellungen: 29.10., 5., 7.11. (Maria Yakovleva, Shane A. Wuerthner, Natalie Kusch), 12.11. (Irina Tsymbal, Kirill Kourlaev, Kusch). Weitere Vorstellungen im Jänner 2012.