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abc weinoehl1Ein Augenzwinkern ist aller Saisonstarts guter Anfang. So dachte – vielleicht – der Ballettchef des Grazer Opernhauses Jörg Weinöhl und setzt ein solches an den Beginn: an den seiner diesjährigen, bereits im Vorjahr (seinem ersten Jahr in Graz) initiierten und mit Interesse vom Publikum angenommenen Reihe „Tanz ganz nah“. Zu dieser zählt als einer von drei Schwerpunkten das „ABC des Tanzes“. Tanz.at besuchte eine Probe und sprach mit Jörg Weinöhl.

Dem Pas de deux ist heuer der erste der drei thematisch definierten Abende gewidmet. Und dieses erste der dafür ausgewählten Beispiele, ein akademisch-klassisches, verbindet er mit humorvoll-verbalen Kommentaren – mehr sei nicht verraten. Allerdings verwiesen darauf, dass die Inhalte einen Zugang zu dem öffnen sollen, was sehr wohl auch hinter jedem auch noch so vordefinierten und durchstrukturierten Spitzentanz stehe: der Mensch - in seiner jeweiligen Verfassung und in sein Bemühen um einen individuellen Zugang, eine persönliche Vermittlung dieser Tanzform; sei der verbleibende interpretatorische Freiraum auch noch so eingeschränkt für den einzelnen.

Das Wissen um den klassischen Tanz zu vergrößern, die Augen für seine Feinheiten zu öffnen, die Bandbreiten des Bewegung-Repertoires bewusst zu machen, das ist Weinöhl ein großes Anliegen, wie er in einem Gespräch wenige Tage vor der ersten Tanz-Präsentation dieser Saison überzeugend vermittelte. Im klassischen Spitzentanz gehe es vordringlich um ein Zeigen; in dem des 21.Jahrhunderts stelle sich die Frage, wie mit seinen Mitteln etwas zum Ausdruck gebracht werden könne. Und für den sogenannten zeitgenössischen Tanz stehe schließlich das Transportieren selbst im Fokus. Markant im klassischen Tanz sei außerdem der Stellenwert der Illusion, insbesondere der der Leichtigkeit in der Bewegung, während in heutigen Arbeiten das Physische im Fokus und greifbar sei; gut nachzuvollziehen im zweiten gezeigten Tanzbeispiel.abc weinoehl2

In jenem, wo auch Weinöhls persönliche Suche nach der Form, seine choreographische Handschrift exemplarisch zu sehen ist so wie die von ihm angestrebte Arbeitsweise mit seinen Tänzern: Im Pas de deux „Und ob“, das zu diesem Zeitpunkt noch eine Rohfassung darstelle, da es erst am 12.November in Salzburg seine Premiere habe, und zwar anlässlich von Peter Breuers 25 jährigem Dienstjubiläum (ein sehr ehrenvoller Auftritt für ihn und die Grazer TänzerInnen Clara Pascual Marti und Simon van Hedeggen).

Zu den spezifischen Qualitäten des Pas de deux befragt, definiert Weinöhl das Dialogische als Drehpunkt, getragen von der Feinabstimmung zwischen den Beteiligten. Thematisch bilde er Formen zwischenmenschlicher Beziehungen ab: ein Hinweis, der bei den beiden weiteren gezeigten Szenen aus „Der Liebe Schlaf“ bestens auf seine Gültigkeit abgeklopft werden kann, und eine Verbindung zu dem, was Weinöhl als eines der Vermittlungsziele dieses Abends angibt: Das Bewusstsein dafür zu vergrößern, wie viel an Achtsamkeit, Zugewandtheit und Intensität notwendig sei, um miteinander in den Fluss zu kommen.

„ABC des Tanzes: Pas de deux“ Aufführung am 13.Oktober 2016 auf der Studiobühne der Oper Graz.