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EnsembleÖsterreichs Tanzlandschaft wird zunehmend bunter. Nach Linz, wo mit Roma Janus eine Expertin und keine Choreografin die Tanzgeschicke leitet, folgt nun auch die Oper Graz mit Dirk Elwert diesem Modell. In Innsbruck macht der neue Ballettchef, der Choreograf Marcel Leemann, mit interessanten Gästen neugierig. In Salzburg sorgt Reginaldo Oliveira für Kontinuität und setzt einige neue Akzente. In seiner vierten Saison ändert Martin Schläpfer beim Wiener Staatsballett seinen programmatischen Schwerpunkt.

Graz

So ungewöhnlich farbenfroh wie die Fotos der TänzerInnen des Grazer Opernhauses im Spielzeitheft für die Saison 2023/2024 portraitiert sind, so wenig alltäglich ist das Programm, das Ulrich Lenz für seine erste Intendanz an diesem Hause schwungvoll engagiert vorstellt. Einem Publikum, dessen Kreis er vergrößern möchte.

Eine vielschichtige Erweiterung des Kunst-Angebots hat sich der Nachfolger von Intendantin Nora Schmid also vorgenommen und als treibende Kraft, als Motto daher „Oper, öffne dich!“ (nicht nur auf dem Deckblatt des Programmheftes) proklamiert. Dies schlägt sich nicht nur in Inhalten und künstlerischen Formen in großen Abständen zwischen Tradition und Moderne nieder, sondern etwa auch in Kooperationen mit anderen Häusern und – auf Augenhöhe - mit solchen anderer Kunstgattungen. 

So wird nach der Spielzeit-Eröffnung mit J. Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ (in Szene gesetzt von 4 Regieteams!) im Familienmusical „Tom Sawyer“ (Kurt Weill) etwa das Ballett sehr gefordert. Elwert

Auch das Ballett hat ab dieser Saison eine neue Leitung: Dirk Elwert (Gelsenkirchen, Deutschland) wird sie übernehmen; und damit einer, der nicht selbst choreografiert, aber doch auch auf kurze persönliche Tanzerfahrung verfügt und daher weiß, wie das mit der Schwerkraft ist und vor allem wie schön - wie er sich mit diesen Worten launig und ansonsten als Tanzmanager mit langjähriger Erfahrung vorstellt. Modernes Tanztheater sei es, das ihm besonders am Herzen liege und das er mittels Kreativität internationaler Gastchoreografen in Zusammenarbeit mit den hiesigen TänzerInnen in horizonterweiternder Bandbreite dem tradierten Grazer Tanz-Publikum und Interessierten über diese hinaus zugänglich machen will. Sechs Choreografen hat er für vier Handlungsballette engagiert; sie drehen sich um heutige Themen und Geschichten.

In „Orlando“ nach dem gleichnamigen Roman von Virginia Woolf handelt es sich um feministische Literatur voller Fantasie; ironisch, verrückt und märchenhaft. Witzig und energievoll charmant choreografiert von der Irin Marguerite Donlon, deren Tanzsprache zwischen Klassik und Avantgarde changiert. (Premiere 21. Oktober)

„Bach Variations“ ist ein dreiteiliger, musikalisch sehr vielfältiger Ballettabend mit sehr unterschiedliche ChoreographInnen, die hier ihre divergierenden Interpretationen von Johann Sebastian Bachs Musik zeigen: Andonis Foniadakis („Sélon Desir“, Pablo Girolami („Twilight“), Anne Jung mit der Uraufführung „Suite“. (Premiere 4. April 2024)

„Vom Verschwinden der Körper“ choreografiert von die in Kuba geborenen Maura Morales, in deren Arbeiten „…Intention und Motivation wichtiger als die Form“ sind. Gemeinsam mit ihren TänzerInnen lotet sie Grenzen des Körpers aus und überschreitet sie. (Premiere 8. Februar, Studiobühne)

„Urban Wolves“ ist eine Auseinandersetzung mit den von der Stadt geprägten, getriebenen und begrenzten jungen Menschen. „Ein atemberaubender Wolfstanz“ in der sehr heutigen Bewegungssprache des in Israel geborenen Choreografen Yaron Shamir. (19.Juni, Studiobühne) (Autorin: Eveline Koberg nach der Saison-Pressekonferenz am 21. April.)

InnsbruckInnsbruck

Mit einer genderdiversen Ansage am Cover ihrer Saisonbroschüre, lädt die neue Intendantinm am Tiroler Landestheater, die Dramaturgin Irene Girkinger zu ihrer ersten Spielzeit, die mit Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen am 23. September und mit einem „Theaterfest für Groß und Klein, Jedermann und Jedefrau“ tags darauf beginnt. 

Mit jeweils einer Doppelspitze hat sie die Sparten besetzt. Für den Tanz zeichnet das Co-Direktionsteam Marcel Leemann und Stefan Späti verantwortlich. Marcel Leemann ist nach seiner Tänzerkarriere seit 2003 freischaffender Choreograf und leitete zuletzt das Marcel Leemann Physical Dance Theater, der Tänzer Stefan Späti war zuletzt Dramaturg am Theater St. Gallen und wechselt nun in dieser Funktion nach Innsbruck. Am 7. Oktober stellen sie sich dem Innsbrucker Publikum mit einer Choreografie zu Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ in der Rekomposition von Max Richter vor. „Safe Ground“ zur Musik der Rapperin NENDA folgt am 9. Dezember 2023. Das Tanzensemble wird auch bei Andrew Lloyd Webbers Musical „Sunset Boulevard“ von Leemann geleitet (Premiere 16.Dezember) sowie bei der Electronic-Barock-Oper von Albrecht Zieper nach der Semi-Oper von Henry Purcell „The Fairy Queen“ am 10. Februar 2024.LeemannSpaeti

Für seine erste Spielzeit hat sich die Tanzdirektion außerdem hochkarätige Verstärkung geholt: Die Handschrift des international gefragten Choreografen Edward Clug lernt das Innsbrucker Publikum am 9. März in einem Doppelabend kennen: Vor dem Hintergrund der biblischen Geschichte flicht Clug zu Pergolesis „Stabat Mater“ nicht ganz ohne Ironie das heutige Verständnis einer Mutter-Sohn-Beziehung ein. Mit Tempo, Dynamik und Humor setzt er in Strawinskys „Les Noces“ die Geschichte des Hochzeitspaares vom Land vor der Hochzeitsnacht um. Die Zwillingsschwestern Kristina und Sadé Alleyne, die kürzlich bei ImPulsTanz gefeiert wurden (tanz.at berichtete), werden in Innsbruck „All Too Well“ am 26. April als Uraufführung auf die Bühne der Kammerspiele bringen. In der Inszenierung des Choreografen Otto Pichler wird das Tanzensemble auch bei der Operette „Frau Luna“ von Paul Lincke gefordert sein (ab 15, Juni).

Im Rahmen einer Personale von Doris Uhlich in Zusammenarbeit mit der Innsbruck International Biennial of the Arts zeigt die Choreografin und Performerin am 4. Mai „Sonne“ mit dem Kinderchor des Tiroler Landestheaters.

RomaJanusLinz

Zwei Premieren und eine Wiederaufnahme stehen auf dem Tanzprogramm des Musiktheaters Linz.

Die englische Choreografin Caroline Finn, bis 2018 Direktorin der National Dance Company Wales, wird mit der Linzer Tanzcompangie am 7. Oktober „Romeo und Julia“  zur Musik von Sergej Prokofjew einstudieren. Mit der Neuinszenierung dieses Klassikers der Weltliteratur folgt Finn der traditionellen Erzählung über die tragische Liebe zweier Jugendlichen und sieht darin gleichzeitig auch den aktuellen Bezug zu in einer Welt, die ständig von Hass, Vorurteilen und Konflikten überflutet wird.

In „Memoryhouse“ erforscht der polnische Choreograf Maciej Kuźmiński Themen wie Mythos, Erinnerung und Schicksal, um Echos unserer unruhigen und verstörenden Gegenwart zu finden, in der Millionen plötzlich alles verloren haben und auf der Suche nach Heimat und Hoffnung ins Exil wandern. Gemeinsam mit der Bühnen- und Kostümbildnerin Gabriela Neubauer und dem Dramaturgen Paul Bargetto nimmt Kuźmiński das Publikum mit auf eine spirituelle Reise in eine Welt aus Schatten und Licht, ein surreales Traumland, in dem die alten Regeln von Logik, Zeit und Raum nicht mehr gelten. (Premiere am 9. Februar)DornroeschenLInz3

Ab 25. Dezember kann man sich wieder an der Erfolgsproduktion der letzten Saison erfreuen: Dornröschen von Andrey Kaydanovskiy (tanz.at berichtete)

Salzburg

Ballettchef Reginaldo Oliveira nimmt sich in dieser Saison am Salzburger Landestheater den Ballettklassiker „Dornröschen“ vor und will dabei auch die humoristischen Facetten des Märchens von Charles Perrault herausarbeiten, etwa wenn Dornröschen nach ihrem 100-jährigen Schlaf den Prinzen mit den Worten empfängt: „Sie haben recht lange auf sich warten lassen!“ (Premiere am 9. März 2024). Als Wiederaufnahme steht Oliveiras „Lili, The Danish Girl“ ab 19. Oktober auf dem Programm. Josef Veselys und Kate Watsons Choreografie für Kinder von Marcus Pfisters „Der Regenbogenfisch“ ist ab 7. Jänner wieder in den Kammerspielen zu sehen.

EnsembleAndreas Heise und Filipe Portugal bringen je ein Stück für den Abend „How about Jazz“ auf die Bühne (Premiere am 8. Mai im Probenzentrum Aigen). Die Tanzsaison klingt auch 2024 wieder mit der Internationalen Ballettgala, kuratiert vom Ballettchef und seinem Vorgänger Peter Breuer am 2. Juni aus.

 

Wien

Nachdem das Werk von Ballettchef Martin Schläpfer in den letzten Jahren im Zentrum des Repertoires des Wiener Staatsballetts stand, macht der Ballettchef in dieser Saison die Bühne für die Klassiker der Ballettliteratur frei: Neben „Don Quixote“, das als Saisonabschluss im Juni dieses Jahres zur Wiederaufnahme kam (tanz.at berichtete), sind „Giselle“, „Dornröschen“. „Schwanensee“ an der Staatsoper, „Coppélia“ sowie „Jolanthe & der Nussknacker“ an der Volksoper zu sehen. DonQuixote Ensemble

In seiner vierten Saison bringt Schläpfer leidglich ein eigenes Stück zur Premiere und zwar an der Volksoper:„Drittes Klavierkonzert“ von Alfred Schnittke im Rahmen des dreiteiligen Abends „the moon wears a white shirt“ an der Volksoper, zusammen mit „Ligeti Essays“ von Karol Armitage und Paul Taylors „Dandelion Wine“ zur Musik von Pietro Locatelli (Premiere am 12. November). Der Dreiteiler mit Taylors titelgebendem „Promethian Fire“ wird wiederaufgenommen, neu kommt am 8. Mai Fokines „Les Sylphides“ mit der Uraufführung von „Eden“ der Staatsballett-Tänzerin Adi Hanan sowie „Jeunehomme“ von Uwe Scholz zu Mozarts Klavierkonzert heraus. 

ArmitageAn der Staatsoper wird der Premierenabend unter dem Titel „Shifting Symmetries“ von Hans van Manen mit „Concertante“ zur Musik von Frank Martin eröffnet. Im Zentrum steht der William Forsythes ikonisches Stück „In the Middle, Somewhat Elevated“, den Abschluss bildet das „Brahms-Schönberg Quartett“ von George Balanchine (ab 23. Dezember 2023). Als weiterer Meilenstein der Ballettmoderne kommt am 24. März „Die Kameliendame“ von John Neumeier ins Repertoire des Wiener Staatsballetts. Am 29. Juni wird die Saison mit der Nurejew-Gala beschlossen. Erneut zu sehen sind die Mehrteiler „Goldberg-Variationen“ und „Im siebten Himmel“.

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