Igor Zelensky bleibt Ballettdirektor in München. Vor einer kleinen Journalistenrunde hat er am Dienstag, den 10. September gemeinsam mit dem strahlenden Kunstminister Bernd Sibler eine Verlängerung seines Vertrags bis Sommer 2026 unterzeichnet. Damit ist die nahe wie mittelfristige Zukunft des Bayerischen Staatsballetts organisatorisch unter Dach und Fach – über den Intendantenwechsel von Nikolaus Bachler zu Serge Dorny hinaus.
Zelensky ist nach Konstanze Vernon und Ivan Liška erst der dritte Chef einer eigenständigen Balletttruppe am Münchner Nationaltheater. Jetzt kann das 30-jährige Bestehen als von der Oper unabhängige Kompanie im Herbst 2020 groß gefeiert werden!
Zelensky, der gemeinhin – und bislang sehr erfolgreich – lieber durch Resultate als durch vollmundige Worte überzeugt, nutzte sein Statement nach der Vertragsunterzeichnung beredt. Er berichtete von Plänen, die ihn zum Teil bereits eng mit Dorny verbinden. Darin eingebunden ist auch Kirill Petrenkos Nachfolger als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, Vladimir Jurowski. Man begegnet sich auf professionellem Niveau. Schließlich hinkt das Ballett seit Zelenskys Durchstarten 2016 mit seinen hohen Auslastungszahlen bei konstant über 95 Prozent (den höchsten seit Bestehen des Bayerischen Staatsballetts) der Musiksparte längst nicht mehr hinterher. Das schafft zusätzliches Selbstbewusstsein.
Im Fokus haben die drei Herren ein Gastspiel von Staatsoper und Staatsballett am Bolschoi Theater in Moskau. Das Programm: zwei Opern, zwei Ballette und Konzert; ein Gegenbesuch der russischen Institution wird nicht ausgeschlossen. Hinzu kommt – so steuert Sibler launig bei – eine politische Delegation. Dank fünf weiterer Vertragsjahre kann Zelensky aber vor allem dem Ensemble und Choreografen bei Aufträgen von Neukreationen mehr gesicherte Langfristigkeit bieten. So wird das Wiener Nachwuchstalent Andrey Kaydanovskiy als Hauschoreograf nach München berufen. Zwei weitere fest mit dem Staatsballett verbundene Tanzschöpfer sollen folgen. Geplant ist zudem, dass Wayne McGregor einen Abendfüller neu kreiert. Mehr dazu erfahren wir im Oktober.
Dennoch glänzt nicht alles „ungetrübt“ im sich so positiv anlassenden Sonnenschein dieser absolut folgerichtigen Verstetigung. Seit 4. September gibt man sich im Probenhaus am Platzl wieder die Klinke in die Hand. Die Sommerpause des Bayerischen Staatsballetts ist vorbei. Für die insgesamt 73 Tänzerinnen und Tänzer – davon neun Volontäre (die Stipendiaten der Heinz-Bosl-Stiftung nicht eingerechnet, da vertraglich nicht beim Staatsballett) – und die fünfköpfige Ballettmeisterriege bedeutet das aufs Neue ganzkörperlich-künstlerischen Volleinsatz. Schon am 21. dieses Monats wird die neue Spielzeit mit der Wiederaufnahme von Balanchines „Jewels“ eröffnet. Am 20. Oktober reiht sich dann mit „Coppelia“ erstmals ein Werk des französischen Meisters Roland Petit in Münchens international geschätztes breites Repertoire ein. Neu dabei sind viele hierzulande (noch) unbekannte Gesichter. Darunter die Principals Virna Toppi (Mailänder Scala) und Maria Baranova (Boston Ballet).
Überschattet werden die Probenphasen künftig allerdings durch das mit Saisonbeginn in Kraft tretende Arbeiterschutzgesetz. Tänzer zählen hier trotz ihres im Theaterbetrieb einzigartigen Anforderungsprofils bloß zu den darstellenden Künstlern. Mit fortan verpflichtend zwei freien Arbeitstagen pro Woche! Und das quer durch alle Stufen, vom Corps de ballet-Mitglied bis zum Ersten Solisten. Bislang genügte einer. Es bedarf nicht viel sich vorzustellen, was das bei durchschnittlich acht veranschlagten Probenwochen pro Neuproduktion für Zelensky und seine Crew an organisatorischer Tüftelei bedeutet. Vor diesem Hintergrund wird man wohl in absehbarer Zeit – da stimmen Sibler und Zelensky auf Rückfrage überein – die Frage nach zusätzlichen Tänzerstellen neu angehen.