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LlibreVermellMit Bachs „Weihnachtsoratorium“, das in diesen Tagen allerorts, nicht zuletzt im Theater an der Wien anlässlich des Gastspiels des Hamburg Ballett zu hören ist, wollte Johannes Mertl, Künstlerischer Leiter der Opernschule der Wiener Staatsoper, Eindruck schinden. Die Ballettakademie gab es da mit einem traditionellen Potpourri von Bella Ratschinskaia vergleichsweise billiger.

Das Repertoire an Weihnachtsliedern und –chorälen ist schier unerschöpflich und viele davon eignen sich besonders gut für Kinderchöre. Warum musste es denn ausgerechnet das Bachsche Monumentalwerk sein, das höchste Anforderungen an Chor und Solisten stellt, die die Kinder gar nicht erfüllen können? Die Kantaten 1 bis 3 wurden vom Bühnenorchester der Wiener Staatsoper durchaus ordentlich gespielt, es dirigierte der Chef der Opernschule, Johannes Mertl. Bei Bass und Tenor musste man freilich auch auf professionelle, erwachsene Sänger zurückgreifen, und mit diesem Stimmvolumen können die feinen Kinderstimmen einfach nicht mithalten. Mit diesem Auftakt zur gemeinsamen Matinee der Opernschule und der Ballettakademie der Wiener Staatsoper erwies man sowohl den (bemühten und diszipliniert durchhaltenden) jungen SängerInnen als auch dem Publikum einen Bärendienst.Jugendkompanie

Den zweiten Teil des Vormittags eröffnete die Jugendkompanie der Ballettakademie der Wiener Staatsoper mit der Choreografie „Hanna“ von Robert Sher-Machherndl, in der sich die jungen TänzerInnen in einem von der klassisch-akademischen Sprache abweichenden Bewegungsrepertoire erproben können. Dass sie dabei noch nicht ganz sattelfest sind, ist nicht verwunderlich, zeigte doch das zweite Stück mit Studierenden der Ballettakademie, dass in dieser Ausbildung die strenge Klassik alter Zeiten dominiert. Bella Ratchinskaia, bereits zum dritten Mal mit der Choreografie zur Matinee betraut und daher wohl so etwas wie die "Hofchoerografin" der Ballettakademie, hat diesmal einen Fleckerlteppich aus verschiedenen Musikstücken für ihre Divertissements gewählt, etwa eine neckische Sekretärinnen-Ballettpantomime zu Leroy Andersons „The Typewriter“ oder eine eigenwillige Solo-Variation im bunten Kostüm zu Riccardo Drigos „Le Réveil de Flore“. Auch zu  einem russischen Volkstanz, französischer Romantik oder zu einem fetzigen Chatchaturian stellten die SchülerInnen die Kunststücke des Ballett-Schrittrepertoires mehr oder minder virtuos unter Beweis. Den Abschluss des Potpourris „Avant-Scène“ machte ein Wiener Walzer, zu dem klassisch-steif auf Spitze gestelzt wurde – denn hier fehlte der Walzerschwung gänzlich. Und so erstaunt es wieder einmal, dass man in der Wiener Ballettakademie den einzigen originären Wiener Tanzstil der Grete Wiesenthal, die mit ihrer Technik den ganzen Körper in den Walzermodus zu versetzen wusste, aufgegeben hat. (Eigenartig übrigens auch die Kostümpaarung von weißen Kleidern mit Fächern bei den Mädchen und grauen Trikots bei den Burschen.)

Geendet hat die Matinee mit einem gemeinsamen Auftritt der beiden Schulen und der Jugendkompanie zu Auszügen aus der spätmittelalterlichen katalanischen Liedersammlung des „Llibre Vermeil de Montserrat“. Margit Legler hat dazu Rund- und Linientänze choreografiert und auch den Chor in Bewegung versetzt.

P.S.: Wer es von den jungen ZuseherInnen nach dem „Weihnachtsoratorium“ noch wach in die Pause geschafft hat, der musste dann auch noch dursten. Denn die Buffets in den Pausenfoyers blieben an diesem Morgen geschlossen – ungeachtet dessen, dass die Wiener Staatsoper mit den Angehörigen von Opern- und BallettschülerInnen ausverkauft war. Auch das ein weiteres Indiz, dass die Staatsoperndirektion seinem Nachwuchs keine besondere Wichtigkeit beimisst? Das Jahres-Abschlussprogramm der Ballettakademie wird im nächsten Jahr nicht mehr als Matinee im Haus am Ring sondern als Abendveranstaltung im MuTh stattfinden (8. Juni 2015). Ob das einer Aufwertung gleichkommt, sei erst einmal dahingestellt.

Zuvor aber ist die  Ballettakademie bei den „Tanzdemonstrationen“ bzw. zusammen mit der Jugendkompanie bei der Präsentation „Choregoraphischer Werke“ im Zelt auf dem Dach der Wiener Staatsoper zu sehen (17. bis 23. Jänner 2015).

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