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monkeymindSoweit, so harmlos. Ein Haus aus  Karton: Im Fenster erscheint ein Megaphon, aus dem perkussive Atem und Zischlaute tönen, dann wabbelt es über die Bühne, bis es zusammenbricht und den Blick auf Simon Mayer freigibt, der umständlich der „Ruine“ entsteigt. Er will etwas sagen, doch die Stimme versagt. Wo sich verstecken? Der Notausgang! Doch dort ist scheinbar kein Ausweg. Nach langem Klopfen, erbarmt sich eine Zuseherin und öffnet dem Performer die Tür …

Simon Mayer stolpert wieder auf die mit Pappkartons übersäte Bühne. Unter den Schachteln sind seine Schätze versteckt, die er nun nach und nach preisgibt. Lautsprecher kommen zum Vorschein, aus denen brummt und wabbert es Unheil verkündend. Dann ein Manekineko, eine winkende japanische Katze, die ebenfalls mit einem Soundeffekt ausgestattet ist.

Hinter einem der Kartons sitzt der Sounddesigner (wunderbar: Mr Incognito alias Pascal Holper?), von dem man nur die Hände sieht. Im Laufe der nächsten Stunde werden diese allerlei Equipment – Drums, Mikrophone, Schreibmaschine oder ein Toy-Piano – betätigen.

Nun findet Simon Mayer auch seine Stimme wieder, gibt zu, dass er nicht gut im Reden ist, dass er aber etwas Wichtiges zu sagen hätte. In einem Englisch, das zwischen Wortwitz und Pidginenglisch hin- und herschwankt. Es ist eben nichts eindeutig in dieser Performance. Auch nicht das Kostüm. Unter der Anzugjacke steckt eine weitere, die Mayer aber verkehrt rum trägt. Darunter ein Hemd, das – „natürlich“ – falsch zugeknöpft wurde. Das große Understatement ist auch im Titel ausgedrückt, im buddhistischen Begriff „Monkeymind“, der einen launischen und unsteten Geist bezeichnet.

Simon Mayer zeigt sein Herz. Erst muss er es zwar mühsam unter der Zuschauertribüne suchen. Aber kaum ist das aus Karton geformte und mit Füßen getretene Organ gefunden, demonstriert Mayer, ein Stethoskop auf seine Brust haltend, dass es auch am rechten Fleck schlägt.

Die exzentrisch-verklemmte Gestalt, die er für seine Performance annimmt, ist mitleiderregend und unheimlich zugleich. Das Lachen, das seine Tollpatschigkeit immer wieder hervorruft, bleibt den Zuschauern bald im Hals stecken. Da blitzen doch immer wieder Momente der Gewalt auf, wenn er mit seinem Schuh das Manekineko k.o. schlägt oder eine Glühbirne zerschmettert. Das war es aber auch schon, der erwartete Bruch tritt nie ein. Der Performer bleibt in seiner unbeholfenen Schüchternheit gefangen, wirkt dabei sympathisch … Doch dann faselt er etwas von einem Amstettner, der Kinder liebt und vom „fucken“ eines Inders, der doch irgendwo seine aufgestaute Energie loswerden müsse. Und mir kommt die Gänsehaut ob dieser „Harmlosigkeit“.

Der größten Schatz wird jedoch erst nach dem Ende der Show enthüllt: Andrea Simeon (die auch für Bühne und Kostüm verantwortlich zeichnet) war die ganze Performance hindurch in der Schachtel gefangen und wird erst zum Schlussapplaus daraus befreit. Natascha Kampusch? Die Leiche im Keller?

Um seine berührende Wirkung zu erreichen setzt Mayer seine Worte und Aktionen in dieser „Konzertperformance“ präzise ein. Auch das Lied,  das der Musiker-Tänzer-Performer singt – er begleitet sich dabei selbst auf der Gitarre und eine Ballmaschine gibt den Rhythmus vor – passt ganz genau hinein. Wohl auch kein Zufall die rot-weiß-roten Farben seines Gitarrengurtes.

Die Täuschungsmanöver, mit denen Mayer auf der Klaviatur der Gefühle spielt, sind verwirrend und faszinierend zugleich. Eine intelligente Performance zwischen Anarchie und Perfektion.

Simon Mayer „Monkeymind“ am 14. März 2013 im brut im Künstlerhaus im Rahmen von imagetanz. Weitere Vorstellungen: 15. März im brut und 14. April im Festspielhaus St. Pölten

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