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BrunoBeltraoDas erste Programm der Wiener Festwochen unter der Leitung von Tomas Zierhofer-Kin will ein „Fest“ sein, das tradierte Muster des Denkens und Wahrnehmens mittels Kunst in Frage stellt. Mit einer vielperspektivischen Herangehensweise sucht der Neo-Intendant möglichst viele Menschen in der stetig wachsenden Stadt geistig zu verorten. Als Tools, einen anderen – ungewöhnlichen - Blick auf die Welt zu werfen, „die sich täglich albtraumhaft zum Negativen verändert“, verwendet der ehemalige Donaufestival-Leiter drei neue Programmschienen. Bestückt wurde das Programm dabei durch verschiedene Kuratoren.

Bildende Kunst und Musik

Im Musiktheater-, Theater-, Tanz- und Performance-Programm verschwinden die Grenzen – auch zur Bildenden Kunst. Etwa wenn Jonathan Meese mit Komponist Bernhard Lang und dem Klangforum Wien ein Parsifal-Projekt aufführt, das in einem zukünftigen Revolutionsjahr spielt. Ebenso wenn der chinesische Künstler Tianzhuo Chen sein Hip-Hop-Opern-Happening „Ishvara“ nach Wien bringt, das Geschichte und Religion befragt.

selbsternannteAristokratieTanz mit gesellschaftlichem Anliegen

Im Tanz-Programm zeigt „La Fleur“ um Monika Gintersdorfer und Franck Edmond Yao „Die selbsternannte Aristokratie“. Die Mitglieder der Gruppe stammen aus den Pariser Banlieues und der Elfenbeinküste. Das Tanz-Theater erzählt von Menschen, die Kontinente überqueren, in westlichen Metropolen ankommen, um in einer Welt zu landen, in der eine unsichtbare Klassentrennung herrscht. Die Akteure unterlaufen Zuschreibungen und wechseln ihren Status und ihre Rolle nach Belieben.  Auch um Wanderbewegungen dreht es bei Bruno Beltrao und seiner Grupo de Rua, die schon einige Male in Wien zu Gast waren. Das neue Tanzstück des brasilianischen Choreografen spielt mit einem gigantischen Laufband, auf dem Kilometer zurückgelegt werden. Ausgangsmaterial sind interkontinentale Massenbewegungen heute und in der Menschheitsgeschichte.

„Discotropic“ ein  Stück des choreografischen Aktivisten niv Acosta verwandelt die Bühne in eine Disco. Er spielt mit Sci-Fi, den Erfahrungen von schwarzen Amerikanern und Amerikanerinnen und seziert Bewegung, Raum und Zeit. Ein besonderes Erlebnis verspricht auch „Haptic Field“ von Chris Salter, bei dem die Besucher Overalls tragen, die mit Sensoren und Antriebselementen ausgestattet sind und die sie blind durch ein halluzinatorisches Setting leiten. Choreografin Elisabeth Bakambamba Tambwe zeigt „Congo Na Chanel“, eine Reise in ein ausgeblutetes Land. Sie arbeitet mit Green-Screen-Manipulation und lässt das Publikum in die Tiefe der Bilder eindringen und sich einen virtuellen Weg suchen.

Das brasilianische Kollektiv „Macaquinhos“, das aus Tänzern, Fotografinnen und  Drag-Queens besteht, enttabuisiert in seiner Reigen-Choreografie den Körper. Gespannt darf man auch auf Super Nase & Co sein: „This is not Wiener Festwochen“ stellt das Scheitern von Projekten in den Fokus. Eine bildgewaltige Arbeit steuert die Gruppe Saint Genet bei, in der ein installatives Enviroment erkundet werden kann, bevor sich eine episch-opernhafte Performance entlädt.

IshvaraZhangYanTheater: Alte Bekannte und Neues

Das Theaterprogramm lockt mit einer spannenden Arbeit von Romeo Castellucci „Democracy in America“ oder mit Ivo van Hoves „Obsession“.  Altmeister Peter Brook verhandelt mit „Battlefield“ Fragen nach Schuld, Verantwortung und Vergebung. Bekannte Größen bei den Wiener Festwochen sind auch die Mitglieder des Back to Back Theatre, das mit seinen Stücken in den vergangenen Jahren Furore machte. Diesmal geht es um nicht weniger als die Vertreibung aus dem Paradies und den Beginn unserer Kultur. Das alles spielt unter einem großen „Himmelszelt“, das in sich zusammenzustürzen und sich wieder aufzurichten vermag.

Eine syrische Perspektive liefert „Während ich wartete“ von Omar Abussada und Mohammad Al Attar, das in einem Krankenzimmer eine Familiengeschichte reflektiert. Auf einer zweiten Ebene wird die Entwicklung von der anfänglichen Revolution bis zu dem gegenwärtigen Krieg skizziert. Das österreichische aktivistische Kollektiv „Die schweigende Mehrheit“ führt „Traiskirchen. Das Musical“ auf, zuletzt erregte die Gruppe mit „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“ Aufsehen.

Workshops bei freiem Eintritt

Eine der neuen Schienen der Wiener Festwochen wird die „Akademie des Verlernens“ sein: Hier locken – bei freiem Eintritt - Vorträge, Workshops und Performances. Etwa eine „Anti-Fascist Ballet School“ - ein „Frühlings-Exorzismus fürs Wohlbefinden“ unter der Leitung von Magdalena Chowaniec und Elizabeth Ward. Ebenso „Hamamness. Die Wiener Festwochen-Bubble“ von Nuray Demir, wo in einem Kuppel-Hamam bei 45 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit Gewissheiten performativ befragt werden.

Ein temporäres Performancemuseum bezieht sein Quartier am Hauptbahnhof in einem weitläufigen Fabrikgelände, das auch Festivalzentrum sein soll: Das „Performeum“ arbeitet mittels unterschiedlicher Performancezugriffe. Internationale Gastkuratoren und Kuratorinnen laden dazu Positionen aus aller Welt, etwa der „documenta 14 Curator at Large“ Bonaventure Soh Bejeng Ndikung gemeinsam mit Pauline Doutreluigne. Ebenso die deutsch-ghanaische Künstlerin Zohra Opuku, die Künstler und Künstlerinnen vom afrikanischen Kontinent zu den Festwochen bringt. Der US-amerikanische Ben Pryor, der mit „American Realness“ eine Plattform für queere Kunstproduktion gegründet hat, wird in Wien ein „House of Realness“ installieren.

Wiener Festwochen, 12. Mai bis 18. Juni 2017, www.festwochen.at, Online Kartenbestellungen ab sofort.



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