Hauptkategorie: Wiener Tanzgeschichten

Von der verspielten Chance (1)

02 Beethoven4 Icon Wie sich die letzten Wochen vor der Premiere des Balletts von Viganò und Beethoven im Theater gestalteten, liegt, wie fast alles rund um diese Produktion, völlig im Dunklen. Bekannt ist, dass die Premiere verschoben wurde und man noch in den dadurch gewonnenen Tagen den Titel des Werks änderte. Aus den am 13. März 1801 auf einem Theaterzettel angekündigten „Die Menschen des Prometheus“ wurden „Die Geschöpfe des Prometheus“. Von wem und auf wessen Wunsch diese Änderung vorgenommen wurde, ist nicht überliefert. Der Verlauf der Premiere am 28. März ist ebenso unbekannt wie der Dirigent der Aufführung.

Die „Uomini di Prometeo“, wie der Arbeitstitel des neuen Balletts in der Phase der Entstehung im Theater wohl lautete, mochte schon in der Probenphase polarisiert haben, da ursprünglich wahrscheinlich daran gedacht war, ein mehraktiges Handlungsballett herauszubringen. Und man mochte schon jetzt an beide Künstler – Viganò und Beethoven – so manche Frage gestellt haben: Wie war denn eigentlich die Werkkonzeption gedacht? Welchem szenischen Plan wollte man folgen? Welchen Umfang sollte dieses „seriöse“ Handlungsballett haben, eine Gattung, die üblicherweise eine dreiaktige Struktur aufwies? Wie waren die von Beethoven gelieferten zwei – in sich keineswegs ausbalancierten – „Teile“ mit dem Gewünschten zu vereinen? Verstieß ein solches Werk nicht schon von Anfang an gegen alle Regeln samt ihren Formen und deren Gestalt? Und widersprachen sich nicht die in der Vorschau auf das Ballett angekündigten Bezeichnungen?03 Beethoven4

Zunächst war das Werk als „mythologisch-allegorisch“ ausgewiesen, der Abendzettel bezeichnete es als „heroisch-allegorisch“ und Beethoven selbst nannte seine Komposition „ballo serio“[1]. Bezog sich das eine nicht nur auf den Inhalt, das zweite allein auf die Form? Befasste sich jemand mit Fragen solcher Art? Die Theaterkanzlei, der Autor, der mit Viganò angegeben wird, oder der Komponist? Und wurden etwaige Ergebnisse miteinander abgestimmt?

Zeit genug hätte es dafür gegeben, denn es ist davon auszugehen, dass sich die Produktionszeit über Wochen hinzog. In diesem Zusammenhang sei an den im Mai 1800 ausgestellten neuen Viganò-Vertrag mit seinen strikten Vorgaben erinnert, wonach er in der Saison jeweils ein großes und ein kleines Ballett herauszubringen hatte, für das großes Werk aber nicht mehr als 40 Proben, für das kleine nicht mehr als 20 in Anspruch nehmen durfte.

04 Beethoven4„Diese einzelnen Personen […] zu verfolgen, ist kaum möglich, und auch wohl überflüssig.“ (Thayer[2])

Wahrscheinlich stellte sich erst bei Probenbeginn heraus, dass das zur Aufführung gelangende Ballett – höchst außergewöhnlich für ein „seriöses“ Werk – nur aus zwei Akten besteht, die sich noch dazu von verschiedener Länge sowie vollkommen unterschiedlichem Charakter zusammensetzen. Beide Akte reihen Nummern aneinander, der erzählende kürzere erste Teil ist in einem bestimmten Ambiente angesiedelt, dem sich als zweiter und längerer Teil ein Divertissement anschließt. Dabei machen die Bezeichnungen einzelner Nummern erst gar nicht den Versuch, einen inhaltlichen Bezug zueinander herzustellen, vielmehr tragen sie einfach die Namen der Ausführenden: Nr. 11. Coro di Gioja, Nr. 12. Solo di Gioja, Nr. 14. Solo della Signorina Cassentini, Nr. 15. Coro (e) Solo di Viganò. Diese Struktur hatte zur Konsequenz – und dies geht aus der bereits erwähnten theaterüblichen Praxis hervor[3] –, dass kein Textbuch in Auftrag gegeben, sondern nur eine Art inhaltlicher Hintergrund auf dem Abendzettel gedruckt wurde. Ob sich dieser Text tatsächlich – wie Constantin Floros dies vorschlägt – auf Passagen der Prefazione von Montis „Prometeo“ bezieht,[4] muss Gegenstand weiterer Untersuchungen bleiben. Der Choreograf, der später in seiner Mailänder Zeit den – gedruckten – Inhalten seiner Ballette sehr oft erklärende Vorworte vorausschickte, ließ sich im Fall der „Geschöpfe des Prometheus“ wohl eher von jener unbestimmten, emotional aufgeladenen Aura des Themenkreises „Prometheus“ leiten, mit dem die Zeit diesen umgeben hatte.

Wer den Text für den Abendzettel verfasste, ist nicht mehr festzustellen. Als Autoren kommen unter anderen Joseph Sonnleithner und Karl August von Lichtenstein infrage.[5] Der Text lautet:

Die Grundlage dieses allegorischen Balletts ist die Fabel des Prometheus.
Die Philosophen Griechenlands, denen er bekannt war, erklären die Anspielung der Fabel dahin, daß sie denselben als einen erhabenen Geist schildern, der die Menschen zu seiner Zeit in einem Zustande von Unwissenheit antraf, sie durch Wissenschaften und Künste verfeinerte, und ihnen Sitten beybrachte.
Von diesem Grundsatze ausgegangen, stellen sich im gegenwärtigen Ballett zwo belebt werdende Statuen dar, welche durch die Macht der Harmonie zu allen Leidenschaften des menschlichen Lebens empfänglich gemacht werden.
Prometheus führt sie auf den Parnaß, um sie vom Apoll, dem Gott der schönen Künste unterrichten zu lassen. Apoll befiehlt dem Anfione
, dem Arione, und dem Orpheus, sie mit der Tonkunst, der Melpomene, und der Thalia, mit dem Trauer- und Lustspiele, der Terpsichore, und dem Pan sie mit dem, von dem letztern erfundenen Schäfertanze – und dem Bachus mit dem heroischen Tanze, dessen Erfinder er ist, bekannt zu machen.05 Beethoven4

Die letzte Woche vor der Premiere war wahrscheinlich von großer Hektik geprägt. Wann Beethovens Material ins Theater gekommen war, wann die sogenannte „Répétiteur-Stimme“ – das heißt also die Violinstimme für die Ballettproben – zur Verfügung stand[6] und wer diese spielte – vielleicht Viganò selbst –, ist nicht bekannt. Auch wann die Stimmen für das Orchester eintrafen, ist nicht überliefert. Am 13. März wird das Ballett mit „Die Menschen des Prometheus“ und der Gattungsbezeichnung „mythologisch-allegorisch“ angekündigt, die Premiere ist für den 21. März vorgesehen. Eine Erkrankung Beethovens – so heißt es offiziell – erzwang schließlich eine erneute Verschiebung der Premiere um eine Woche.

06 Beethoven4Die wahrscheinlich schon längst bekannt gewesene Besetzung ist deswegen besonders aufschlussreich, da die Wahl der Tänzer samt den Fächern, die sie vertraten, Rückschlüsse auf Viganòs gedanklichen Hintergrund zulassen. Dabei ist anzuzweifeln, dass Viganò nach einem detaillierten Plan vorging. Während die musikwissenschaftliche Diskussion um Beethovens Auseinandersetzung mit dem Prometheus-Motiv in Abhandlungen überdimensioniert darüber spekuliert, wie denn nun das „Heroische“ aufgefasst sei und ob der Komponist dabei doch an Napoleon gedacht habe,[7] weist die choreografische Verarbeitung des Themas durch Viganòs Rollenbesetzung immerhin einen ganz bestimmten Weg. Indem der Choreograf nämlich für die Partie des Prometheus einen jungen, relativ unerfahrenen Mimiker – Filippo Cesari (auch Cesarini), der übrigens auch Tanzmeister bei Hof war – und sich selbst als der wichtigste Tänzer des Ensembles als Geschöpf besetzte, nahm er eine ganz bestimmte Gewichtung des Sujets vor. Nicht Prometheus selbst steht im Mittelpunkt des Interesses, sondern die eben zur Welt gekommenen – neuen – Menschen und ihre choreografische (Aus-)Führung. In diesem Zusammenhang sei entschieden der Meinung Thayers widersprochen, der meint: „Diese einzelnen Personen […] zu verfolgen, ist kaum möglich, und auch wohl überflüssig.“[8] Und Thayer geht noch einen Schritt weiter. Ihm genügt es offenbar völlig, die Noten Beethovens in seiner Hand zu haben: „Die Musikstücke wirken selbständig, wir haben kaum das Bedürfnis zu wissen, was während derselben auf der Szene vorgeht.“[9] Damit desavouiert er die Kunstgattung Ballett insgesamt. Mithin macht er sich zu einem Künder jener dem Ballett äußerst kritisch gegenüberstehenden Ästhetik, die sich aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – und in dieser Zeit schrieb er sein Werk – breitgemacht hatte. Dies entspricht aber nicht dem Ansehen des Balletts im Wien um 1800.

Viganò charakterisiert die neuen Menschen durch die Nuancen jener Fächer, die sie verkörpern. Während sich in Viganòs kraftvoll-draufgängerischem – heroischem – Tanz Komisches mischt, überwiegt bei der Casentini Lyrisches und anmutig Heiteres. Die seit 1796 in Wien engagierte, aus Venedig gekommene Tänzerin war nicht nur eine ausgezeichnete Technikerin, sondern hatte wiederholt ihr facettenreiches schauspielerisches Talent unter Beweis stellen können. In der Rolle des weiblichen Geschöpfs alternierte sie mit Marianne Bomely Viganò (geb. Bummel), der Ehefrau von Giulio Viganò. Während die Tänzerinnen der Musen kaum mehr aus dem Schatten der Vergangenheit heraustreten,[10] war der Auftritt Ferdinando Giojas als Bacchus ohne Zweifel als tänzerischer Glanzpunkt der Aufführung geplant. Daran schließt sich das Terzettino Groteschi, das von beiden Gioja-Brüdern und der Casentini getanzt wird. Pan wird von dem erprobten Mimiker Franz Kilian Aichinger verkörpert. Der Tänzer des Apoll und auch andere Handelnde wurden am Theaterzettel nicht genannt.

Das festliche Finale vereinigt die Handelnden zu gemeinsamen und zahlreichen Tänzen. Und es ist diese Reihe von Contretänzen, die im Mittelpunkt des Interesses der Beethoven-Forschung steht. Das aus zwei Hauptteilen bestehende Finale weist in seinem ersten Teil ein Allegretto (Takt 1–192) auf. Dieses Allegretto setzt sich aus vier Contretänzen zusammen, die nach der Art eines Rondos zusammengebaut sind. Dem ersten dieser vier Tänze kommt besondere Bedeutung zu, Beethoven verwendet ihn weiter in drei Werken: Er übernahm ihn in die 1802 erschienenen „Zwölf Contretänze für Orchester“ WoO 14 (1795–1802) und legte ihn auch den „Klaviervariationen“ op. 35 (1802) sowie und vor allem dem Finale der „Eroica“ genannten 3. Sinfonie op. 55 (1802/03) zugrunde. Details über die Choreografie des Ballettfinales sind nicht bekannt, daher ist die Frage, inwieweit diese von der gesellschaftstänzerischen Grundlage ausgeht, nicht mehr zu beantworten.

07 Beethoven4Der veränderte Blickwinkel

Die Anwesenheit der Kaiserin bei der Premiere der „Geschöpfe“ gab ihr sicherlich Glanz. Einzelheiten über den Verlauf der Vorstellung sind nicht bekannt. Dies trifft auch für die Frage zu, welches Orchester, das italienische oder deutsche, herangezogen wurde und wer der Dirigent dieser Aufführung war. Für Wranitzky spricht, dass sich Beethoven bei seiner am 2. April 1800 im Burgtheater stattgefundenen Akademie explizit für Wranitzky als Dirigent seiner Musik und gegen Giacomo Conti, den Kapellmeister der Italiener, aussprach. Über die Aufführung selbst finden sich weder direkte noch indirekte Kommentare eines Direktionsmitglieds, was bei der Fülle der „Legendenliteratur“ über Beethoven doch überrascht. Die Berichte über Publikumsreaktionen erlauben keine eindeutige Aussagen.[11]08 Beethoven4

Der Blick auf die existierenden direkten Reaktionen auf „Die Geschöpfe des Prometheus“ lässt den heutigen Betrachter im Zwiespalt zurück. Als überaus positiv ist zu bewerten, dass gleich zwei heute oft abfällig als „bildungsbürgerlich“ benannte Periodika ausführliche Besprechungen über die Premiere bringen. Das in Weimar (schon seit 1786) erscheinende „Journal des Luxus und der Moden“ dient heute als höchst aufschlussreicher Spiegel für die entscheidenden Umbrüche in jenem knappen Jahrzehnt, das Beethoven bis zur Uraufführung der „Geschöpfe“ in Wien durchlebt hatte. Die Musikszene hat sich an sich, aber auch für Beethoven erheblich gewandelt. Der Komponist, der sich zunächst (und höchst erfolgreich) von einem adeligen Auftrag zum nächsten in die von ihm angestrebten Höhen arbeitete, konnte nun eine musiktheatralische Komposition – als solche auch Zeichen eines Paradigmenwechsels – vor einem anderen, für ihn neuen Publikum darbieten. War Beethoven bislang Dienender, auf den der Adel – selbst dann, wenn man in freundschaftlichem Verhältnis zueinander stand – letztlich doch huldvoll herabblickte, steht er nun im Zentrum einer in einem bürgerlichen Ambiente stattfindenden theatralen Aufführung, deren Publikum zu ihm, dem Künstler, emporblickt. Bei diesem Vorgang ist festzustellen, dass dieser nunmehr aufwärtsgerichtete Blick, der mit dem Drang nach Heroisierung Hand in Hand geht, dem Geist der Zeit entspricht.

09 Beethoven4Beethovens eigener verklärender Blick auf Napoleon ist in ebendiesem Sinne zu verstehen. Von verklärenden Blicken ausgehend, sei die Unterrichtstätigkeit Beethovens nachgetragen, in der sehr oft jene Zwischenbereiche betreten wurden, in denen es zu einer Verquickung von standesübergreifendem Beruflichen wie Privaten kam. So unterrichtete Beethoven etwa Josephine Gräfin Deym, geborene Gräfin Brunswick, konzertierte aber auch – etwa im Dezember 1800 – im Deym’schen Palais. (Dass sich im Palais auch eine Galerie befand, in der Gips- und Wachsabgüsse antiker Plastiken ausgestellt wurden, ist in unserem Zusammenhang ebenso von Interesse wie die Annahme, dass es sich bei der Gräfin Deym um Beethovens „Unsterbliche Geliebte“ handelt.[12])

Der Adel wird aber auch im Fall der „Geschöpfe“ nicht übergangen, Beethoven widmet den Klavierauszug, der in italienischer Sprache den Titel mit „Gli Uomini di Prometeo“ angibt, Maria Christiane Fürstin von Lichnowsky.10 Beethoven4

Auch das zweite Journal, die ebenfalls in Leipzig seit 1801 erscheinende „Zeitung für die elegante Welt“, erweist sich als Beleg eines erstarkten Bürgertums, zu dessen Interessen nicht nur das „Bildungs(sprech)theater“, sondern auch das Ballett gehört. Zu den wenigen Stimmen, die sich – keinesfalls öffentlich, sondern in Tagebuchnotizen – aus Wien melden, gehört der als hoher Hofangestellter bekannte Graf Karl Johann Christian von Zinzendorf, dessen Urteil als überaus erfahrener Seher von Theaterereignissen von Bedeutung ist. Zu bedauern ist, dass sich weder Ayrenhoff noch Zepharovich oder ein anderer „Dilettantenkritiker“ zu Wort meldeten. Aus den sehr wahrscheinlich negativen Betrachtungen hätte sich Wichtiges herauslesen lassen. Ebenfalls bedauerlich ist, dass sich in Wien um 1800 noch keine ausgewiesene Ballettkritik herausgebildet hatte. Diese setzte erst mit der später so genannten „Bäuerles Theaterzeitung“ ein, die unter wechselnden Titeln von 1806 bis 1860 existierte. Die schon in den ersten Nummern der Zeitung gegebene Einsicht in das Ballettgeschehen, die sogar mit einer „theoretisch-praktischen“ Balletttheorie aufwartet, ist – und dies gilt bis heute und weltweit – von einer Qualität, die ihresgleichen sucht. Das in dieser Zeitung immer wieder zutage tretende besondere Interesse am Tanz ist der Idee eines musiktheatralischen Geschehens geschuldet, in dem die künstlerischen Äußerungen des Gesangs und Tanzes als sich einander ergänzend verstanden werden. Mit seinem gesteigerten Interesse am Handwerklichen intensivierte die Zeitung die Auseinandersetzung mit beiden Künsten.

Inwieweit vermögen nun die existierenden Rezensionen – die in Leipzig erscheinende renommierte „Allgemeine musikalische Zeitung“ verzichtete auf einen Bericht – einen Eindruck der Ballettkreation Viganòs und Beethovens zu vermitteln?

11 Beethoven4Hat Beethoven „geleistet, was am Platze war“?[13]

Die beiden überlieferten Besprechungen des Balletts bestätigen die oben festgehaltenen Ausführungen. Zum einen wird – und dies geht ganz entschieden zulasten des Choreografen – das Fehlen eines inhaltlich-szenischen Plans vermerkt, mithin die nicht vorhandene dramaturgische Struktur, darüber hinaus der weitgehend theaterferne, daher praxisfremde Alleingang Beethovens. Dass der erfahrene Zinzendorf in seinem Tagebuch die Musik „eigenartig“ findet,[14] ist nachzuvollziehen, wichtig ist seine Bemerkung, dass die Vorstellung, die mit einem Singspiel in einem Aufzug eingeleitet wurde, „gegen 10.00 Uhr“ endigte, womit gesagt wird, dass die Dauer des Balletts mindestens eine Stunde war. Der anonyme Schreiber der „Zeitung für die elegante Welt“ – der Artikel erscheint in der Rubrik „Pantomimik“ – erkennt die Unausgewogenheit der Produktion schnell und überraschend klar. Zunächst gibt er eine schöne Deutung des zwar intendierten, auf der Bühne jedoch nicht wirklich entwickelten Inhalts: „Prometheus entreißt die Menschen seiner Zeit der Unwissenheit, verfeinert sie durch Wissenschaft und Kunst und erhebt sie zur Sittlichkeit.“ Dies zu realisieren, sei weder von der Werkanlage noch von der Musik her, also weder dem Choreografen noch dem Komponisten gelungen. Beethovens Anteil am Scheitern sei ein erheblicher:

Daß er [Beethoven] aber für ein Ballet zu gelehrt und mit zu weniger Rücksicht auf den Tanz schrieb, ist wohl keinem Zweifel unterworfen. Alles ist für ein Divertissement, was denn doch das Ballet eigentlich seyn soll, zu groß angelegt, und bey dem Mangel an dazu passenden Situationen, hat es mehr Bruchstück als Ganzes bleiben müssen. Dies fängt schon mit der Ouvertüre an. Bei jeder großen Oper würde sie an ihrer Stelle seyn, und einer bedeutenden Wirkung nicht verfehlen.“[15]12 Beethoven4

Die Musik sei allerding stellenweise von „ganz vorzüglicher Originalität“, besonders gelungen seien die kriegerischen Tänze und das Solo der Casentini. Beim Tanz des Pan habe es Reminiszenzen an andere Ballette gegeben. Der Satz, das Ballett gefiel „im Allgemeinen nicht“, bezieht sich auf das einzige Bühnenbild, auf das man sich beschränkt hat. Die typisierte Einheitsdekoration einer arkadischen Landschaft stammte von Platzer. Die Bewegungsabläufe oder besondere Aspekte der Choreografie bleiben fast unbesprochen, dem Rezensenten fällt nur die weitgehende Untätigkeit Apolls auf, ein Zustand des Musenführers, der, wie in weiterer Folge zu sehen sein wird, Ausgangspunkt für einen parodierenden Rundumschlag der kulturellen Szene Wiens wird. Das „Journal des Luxus und der Moden“ teilt in Bezug auf die Musik Beethovens die Meinung des bereits zitierten anonymen Kollegen. Durch die Ouvertüre werde man schon zu etwas „Großem, Wunderbaren“, auf „Feierlichkeit und ein gewisses Erstaunen“ vorbereitet.[16] Das gehe ganz gut, bis Apoll von seinem Parnass „sehr geschmacklos“ herabsteigt. Der „löbliche Parnaß fängt ein Solo nach dem andern zu tanzen an“. Während die „Zeitung für die elegante Welt“ hier richtig den Bruch zwischen erzählendem Teil und Divertissement erkannt hat, stört den Rezensenten des „Journal des Luxus und der Moden“, dass ab nun nur mehr getanzt wird – eine Betätigung dies, die für ein Divertissement das Übliche ist. Die folgenden Sätze sind umso erstaunlicher, als der Rezensent damit nicht nur seine fachliche Inkompetenz unter Beweis stellt. Würde es niemand in Zusammenhang mit ernsthafter Musik wagen, von „Dudelei“ oder „Geklimper“ zu sprechen, schreibt man nun von „hüpfen“ und „springen“ „welches mit dem von nun an herrschenden mystischen Nonsens der Allegorie eine traurige Wirkung hervorbringt“[17]. Wobei – und dies geht aus mehreren Rezensionen hervor – der „Nonsens“[18] sich weniger auf die choreografische Verarbeitung als vielmehr auf die italienische Herkunft von Viganò bezieht.

13 Beethoven4Größte Schwierigkeiten in der Einordnung in einen Handlungsablauf bereiten die Nummern 8 und 13. Nur mit Mühe kann die Nummer 8 (Allegro con brio – Presto), eine kriegerische Szene, motiviert werden. Dabei handelte es sich sehr wahrscheinlich um einen „combat reglé“, das heißt, um einen beliebten Bewegungstopos der Zeit, der als virtuoser Schaukampf für Tänzer oft als eine in sich geschlossene Nummer in „heroische“ Werke eingelegt wurde. Die Schwierigkeiten, die sich mit der Nummer 13 ergaben, sind mit der zweimaligen Nennung des Namens Gioja und der Tatsache verbunden, dass auf dem Theaterzettel nur einem der Brüder eine handlungstragende Rolle anvertraut wurde. Während Ferdinando die Rolle des Bacchus überantwortet war, trat Gaetano Gioja lediglich im Pas de trois auf, den er mit seinem Bruder und der Casentini tanzte. Auftritte solcher Art waren nicht außergewöhnlich, sie hatten allein den Zweck, Tanzkunst zu zeigen. (Ein von derselben Besetzung schon am 4. Oktober 1800 erstmals getanzter Pas de trois stand wiederholt und mit wechselnder Solistin auf dem Spielplan. Zu welcher Musik dabei getanzt wurde, ist nicht bekannt.)

Als hätte der Rezensent dann nach der Hälfte des Artikels seine Tätigkeit aufgegeben und den Tanzteil des Balletts einer fachlich kundigeren Person überlassen, ist im Folgenden mit einem Mal Tanzspezifisches vermerkt. Könnte man aus der ersten Bemerkung, der Tanz der Casentini sei „recht künstlich“ gewesen, schließen, dass sich das von ihr Getanzte nicht an einem „natürlich, freien“ Bewegungsduktus orientierte, sondern mehr an strikter Balletttechnik, so ist das Urteil über den Tänzer Viganò klar und aufschlussreich. Er habe zwar mit viel Kunst getanzt, „allein seine Person ist zu klein und zu wenig schlank“.[19] Dies stellt jenes Maß an Wissen unter Beweis, das der Betrachter der Zeit an sich vom Erscheinungsbild der Tänzerfächer hat. Viganò selbst hatte die Rolle des Geschöpfs offenbar für einen Danseur noble angelegt, diesem Fach aber selbst nicht (mehr) entsprochen. Aufschlussreich auch die Sätze über den Pas de trois der Giojas mit der Casentini, der offenbar mitunter durch Terpsichore (Dlle Brendi) zu einem Pas de quatre erweitert wurde. Der Tanz, „ein einfaches Stück voll Lieblichkeit“[20], bekommt seine Struktur durch kleine Handlungsmomente sowie Tanzgeräte, einen Kranz, einen Spiegel und Girlanden. So bliebe „das Terzett immer in lebhaften Gange“ und weist zusätzlich eingewebte Soli auf. Zudem, findet man, dass „Grotesken hierbei in manchem komischen Auftritte sehr zweckmäßig angewandt“[21] sind.

All diese Äußerungen stehen im krassen Gegensatz zu Thayers Meinung, Beethoven habe „geleistet, was am Platze war“. Der Komponist hegte, ganz im Gegenteil, nicht das geringste Interesse an dem, was auf der Bühne „am Platze“ gewesen wäre. Dieses offensichtliche Desinteresse macht auch die bis in die jüngste Gegenwart – wohl von Ritorni beeinflussten, oft mit größtem Bemühen unternommenen – beharrlichen Versuche obsolet, die (Nummern-)Struktur der Musik mit dem – nicht mehr eruierbaren – Geschehen auf der Bühne in Einklang zu bringen.[22]

14 Beethoven4Ein Werk nach Noverre᾽schen Regeln?

Mit Ritorni ist auch jener Autor genannt, dessen Viganò-Schrift eine tiefe Spur in der so umfangreichen Rezeption des Balletts hinterließ. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass sein Text – bewusst oder unbewusst – glauben macht, einen Inhalt für „Die Geschöpfe des Prometheus“ zu kennen.[23] Ritorni spricht auch von Noverre, woraus gefolgert wird, Viganòs Choreografie sei in der Noverre-Nachfolge zu sehen. [24] Jüngstes Beispiel dafür sind Paul Bertagnollis Ausführungen „Gesture and Convention in Beethoven᾽s Ballet d᾽action“[25]. Der dort vertretenen Meinung kann man aus den verschiedensten Gründen nicht folgen. Viganò hatte, wie bereits zu sehen war, Noverres Prinzipien schon in den frühen Neunzigerjahren verlassen. Zwar entspricht die Thematik des „Heroischen“ jenem gewünschten Themenkreis, der, nach Noverre, allein berechtigt ist, auf einer „seriösen“ Bühne eines „Nationaltheaters“ – dem Burgtheater – aufgeführt zu werden, nicht aber die dazu gewählte Form, die sowohl das „Heroisch-allegorische“ wie die Gattung „ballo serio“ fordert. Wurde die verlangte Einheit von Zeit und Ort in den „Geschöpfen des Prometheus“ immerhin eingehalten, so verstieß die Vermischung von Haupt- und episodenhafter Nebenhandlung gegen die Regeln, denn sie verzögerte die rasche Lösung eines Knotens, der noch dazu gar nicht vorhanden ist. Aus diesem unerlaubten Ineinander ergab sich wiederum eine – nicht gestattete – Vermischung des „Erhabenen“ und „Noblen“ mit dem „Grotesken“, die zwar eine von Viganò ganz bewusst eingesetzte, von Noverre aber unerlaubte Verquickung von Tänzerfächern mit sich zog. Die durch die Betonung des Grotesken hervorgerufene größere Expressivität ist aber Teil von Viganòs choreografischer Handschrift. Viganò verzichtete offenbar auch, seine Choreografie zu „grandiosen“ Gemälden zu fügen, es war – im Gegenteil – sein erklärtes Ziel, dem Fortschreiten des Tänzerischen mehr Gewicht zu geben. Dazu wurden Handlungsmomente, die an sich nicht tänzerisch realisiert werden durften, regelwidrig dem Tanz überantwortet, womit offenbar auch versucht wurde, die Stereotypie des Dekorationsraums – das Theater der Zeit kannte kaum individuelle Ausstattung – mit unverwechselbarem Tanz zu füllen. Dass in den „Geschöpfen des Prometheus“ nur eine einzige Dekoration zum Einsatz kam, war ein Kritikpunkt, denn man war von den Noverre-Adepten Muzzarelli und Trafieri nicht nur einen Wechsel von mehreren Szenerien, sondern auch größten Dekorations- und Kostümprunk gewöhnt.15 Beethoven4

Eine wichtige Neuerung Viganòs war, dass das übliche theatralische Gehen durch den sogenannten „rhythmischen Schritt“ ersetzt wurde. Dieser fungierte nunmehr als körperliches Bindeglied zwischen den einzelnen getanzten Passagen und den Nummern und erhöhte so, weil es nun keine Unterbrechung durch Posen und Stellungen mehr gab, den Bewegungsfluss. Das aus der Ganzkörperlichkeit heraus entwickelte Gestenrepertoire – in seiner italienischen Variante an sich expressiver als die Wiener Spielart – intensivierte die angestrebte Verkörperung von Empfindungen und Leidenschaften. Dies kam in der um 1800 angewandten tänzerischen Sprache insofern mehr zur Geltung, als man jegliche rokokohaften Züge abgelegt hatte, wodurch die Choreografie, als besondere Qualität, dynamischer und fließender sein konnte. Balletttechnik und Schrittrepertoire hatten sich seit der Noverre-Zeit erheblich verändert. Wohl baute man weiter auf den Grundprinzipien des En dehors und des En face, doch hatte sich nicht nur der Schwierigkeitsgrad der Balletttechnik gehoben, sondern auch – dies wiederum als Konsequenz der Kostümreform – das Bewegungsrepertoire sowohl für Tänzerinnen wie für Tänzer erheblich erweitert. Erst in diesen Jahren fand man etwa zu jenen heute basistragenden Positionen wie „Attitude“ und „Arabesque“, darüber hinaus zu den verschiedenen Stellungen des Port de bras, worauf sich in weiterer Folge jene Körper- und Bewegungskoordinationen bildeten, die auch heute ein Fundament des klassischen Kanons sind. Es versteht sich von selbst, dass viele dieser Neuerungen zunächst als negativ wahrgenommen wurden. Dazu gehörte vor allem das Heben des Beines über 45 Grad, mehr noch der offenbar bei Tänzerinnen mehr ins Auge fallende Gebrauch der Arme über Schulterhöhe hinaus.[26] Obwohl man schon in diesen Jahren mit dem Spitzentanz experimentierte, ist davon auszugehen, dass dieser in den „Geschöpfen des Prometheus“ noch nicht eingesetzt wurde. Eine der diesbezüglichen frühen Exponentinnen mochte Beethoven gut gekannt haben. Es war Magdalena, eine der vier tanzenden Schwestern de Caro (auch Decaro), die, ab 1802 als Solotänzerin an den Hoftheatern engagiert, 1805 den später als Bearbeiter des „Fidelio“-Librettos bekannt gewordenen Georg Friedrich Treitschke heiratete und fortan auch unter dem Namen Treitschke-de Caro tanzte.

16 Beethoven4Viganò hatte sich also ganz klar aus dem Einflussbereich Noverres lösen können, ihm war damit ein wichtiger Schritt in Richtung völliger Eigenständigkeit gelungen, den im Bereich der Musik zu tun Beethovens Bestreben war. Doch an dem Komponisten ging offenbar nicht nur das bemerkenswerte Heraustreten Viganòs aus einem übermächtig scheinenden Erbe vorüber, sondern auch, dass er durch das gemeinsame Projekt die Chance erhalten hatte, seine Musik in einem musiktheatralischen Werk präsentieren zu können. Mochte Beethoven zu Beginn seines Wiener Aufenthaltes die Abhängigkeit von der Aristokratie zuwider gewesen sein, war es nun ganz augenscheinlich das Eingebundensein in einen theatralen Produktionsprozess, der sich wohl seiner gewohnten Arbeitsweise entgegenstellte. Diesbezüglich könnte man sogar spekulieren, dass die Komposition zu dem Ballett in zwei Schüben entstand, die an unterschiedliche Arbeitsräume denken lassen.[27] Hatte Beethoven vielleicht die Ouvertüre, die ersten Nummern und das Finale in der für ihn gewohnten abgeschiedenen häuslichen Arbeitsatmosphäre geschaffen, so waren Teile des zweiten Abschnitts offenbar direkte Reaktionen auf Besuche im Theater, wobei der Pas de trois vielleicht sogar eine Übernahme von etwas Bestehendem war.

Resümierend sei festgehalten, dass die schon erwähnte Äußerung Beethovens, Viganò habe seine Arbeit „nicht ganz zum Besten“ gemacht, infrage gestellt werden muss, dies umso mehr, als es sich bei dem Choreografen nicht nur um einen herausragenden, sondern sehr erfahrenen Meister seines Fachs handelte, dem man ein wirkliches Versagen nicht zutraut. Vielmehr hätte sich Beethoven eingestehen müssen, mit der Anlage seiner Komposition keine optimale Basis geschaffen zu haben.

Fortsetzung folgt

Hier beginnt die Serie "Von 'exaltierten Freigeistern': Viganò und Beethoven": Zum „Prometheus“-Ballett – Unterwegs auf Augenhöhe (1)

Fußnoten:

[1] Als „ballo serio“ ist die mit „Die Geschöpfe des Prometheus“ betitelte Abschrift der Partitur von Franz Xaver Gebauer ausgewiesen. Sie befindet sich in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Die Abschrift enthält Anmerkungen von Beethoven.

[2]www.zeno.org/Musik/M/Thayer,+Alexander+Wheelock/Ludwig+van+Beethoven+Leben/2.+Band/6.Kapitel.+Das+Jahr+1801.

[3] Das Libretto eines mehraktigen „seriösen“ Balletts war bereits bei der Premiere an der Kassa des Theaters erhältlich.

[4] Siehe dazu: Floros, S. 46.

[5] Wie das Tagebuch von Joseph Karl Rosenbaum dies unter Beweis stellt, war Lichtenstein täglich im Theater anwesend. Siehe dazu: Peter Prokop, „Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum“, https://db.adler-wien.eu/adler_rosenbaum_list.php.

[6] Die Ballettproben wurden in dieser Zeit von einer Violine begleitet. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging man zu dem heute noch gebräuchlichen Klavier über. Da diese Violinstimme sehr oft mit Anmerkungen und Aufzeichnungen des Choreografen versehen ist, ist sie für die Auseinandersetzung mit dem Ballett eine überaus wertvolle Quelle.

[7] Floros resümiert die wichtigsten dieser Stränge in Zusammenhang mit der „Eroica“, die er in engstem Verband mit dem Ballett sieht. In: Floros, S. 14–22.

[8] www.zeno.org/Musik/M/Thayer,+Alexander+Wheelock/Ludwig+van+Beethoven+Leben/2.+Band/6.Kapitel.+Das+Jahr+1801.

[9] www.zeno.org/Musik/M/Thayer,+Alexander+Wheelock/Ludwig+van+Beethoven+Leben/2.+Band/6.Kapitel.+Das+Jahr+1801.

[10] Melpomene wurde von Theresia Renth (geborene Decamp), Thalia von Amalia Cesari (Tochter des Ballettmeisters Muzzarelli und Ehefrau von Cesari), Terpsichore von Mme Brendi getanzt. Mit Letzterer, die mit ihrem Ehemann, dem Tänzer Domenico Serpos, 1800–02 in Wien engagiert war, trat Viganò häufig als Pas-de-deux-Partner auf. Man darf darüber spekulieren, dass der Pas de quatre, den sie im November 1801 mit den Brüdern Gioja und Amalia Cesari tanzte, aus den „Geschöpfen des Prometheus“ stammte.

[11] In der Viganò-Rezeption fallen, was einzelne Städte betrifft, überaus aufschlussreiche Unterschiede auf. Diese ergeben sich offenbar aus der Rangordnung der Künste, die eine Stadt entwickelt hat. In Wien werden die Viganòs vor allem vom Theaterpublikum, aber auch von den Dilettantenschriftstellern gewürdigt, die in ihrem Tanz eine neue und eigenständige Kunstform sahen. In Berlin ist die „Leitkunst“ ohne Zweifel die Dichtkunst mit Goethe als herausragender Figur. Erst danach kommen Musik und Musiktheater. In Mailand wird – Jahrzehnte später – nicht die Oper, sondern ebenfalls die Dichtkunst, die Viganòs Choreografie als Vorformulierung italienischer Romantik einstuft, als führende Kunst angesehen.

[12] Siehe dazu: Marie-Elisabeth Tellenbach, „Beethoven und seine ,Unsterbliche Geliebteʻ Josephine Brunswick“, Atlantis, Zürich 1983, S. 59–63; Gabriele Hatwagner, „Die Lust an der Illusion – über den Reiz der ,Scheinkunstsammlungʻ des Grafen Deym, der sich Müller nannte“, Magisterarbeit, Graz 2008.

[13] www.zeno.org/Musik/M/Thayer,+Alexander+Wheelock/Ludwig+van+Beethoven+Leben/2.+Band/6.Kapitel.+Das+Jahr+1801.

[14] Übersetzung: G. O.-S., in: Klaus Martin Kopitz, Rainer Cadenbach u. a. (Hg.), „Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen in Tagebüchern, Briefen, Gedichten und Erinnerungen“, Bd. 2 (= Beethoven Forschungsstelle an der Universität der Künste Berlin), Henle, München 2009, S. 1116.

[15] Siehe dazu: „Zeitung für die elegante Welt“, Jg. 1, Nr. 60, 19. Mai 1801, Sp. 485–487, hier Sp. 486.

[16] „Journal des Luxus und der Moden“, Bd. 16, Juni 1801, S. 303–306, hier S. 303.

[17] Ebd., S. 305.

[18] Dieses Wort findet sich wiederholt in Kritiken, wenn von der Arbeit italienischer Künstler die Rede ist.

[19] „Journal des Luxus und der Moden“, S. 305.

[20] Ebd., S. 305f.

[21] Ebd., S. 306.

[22] Dies läuft letztlich auf das Bestreben hinaus, den Kompositionsprozess der Musik Note für Note nachzuvollziehen, um diese mit einem Narrativ beziehungsweise mit bestimmten Gesten in Einklang bringen zu können. Etwaige Ergebnisse dieses Unterfangens sind aus vielerlei Gründen zu hinterfragen. Zum einen sagt die Annahme, für jeden Ton ein von Beethoven intendiertes Geschehen gefunden zu haben, nichts über die Qualität der Musik aus, es hilft im besten Fall – und dies ist wohl die eigentliche Motivation für das Vorgehen –, vermeintliche Ergebnisse einordnen und danach deuten zu können. Zum anderen und viel wichtiger noch: Das Gefundene gibt nichts über das preis, was ein Ballett ausmacht: die Choreografie.

[23] Siehe dazu: Ritorni, S. 47–50. Ohne jegliche erklärende Worte geht der Autor von der Inhaltsangabe von „Clotilde Duchessa di Salerno“, das Ballett, das in Wien vor den „Geschöpfen der Prometheus“ entstanden war, auf den Inhalt von „Gli Uomini di Prometeo“ über, dessen Titel hier erweitert ist um „ossia La Forza della musica e della danza“. Die öfters vertretene Meinung, der Autor habe in den Dokumenten Viganòs einen Inhalt für die „Die Geschöpfe des Prometheus“ gefunden, ist nicht glaubhaft. Anzunehmen ist vielmehr, dass Ritorni bei dem Verfassen des Inhalts von der Mailänder „Prometeo“-Produktion von 1813 ausging, die aber kaum etwas mit der ursprünglichen Wiener Produktion zu tun hat.

[24] Siehe: Ritorni, S. 41f.

[25] In: Paul Bertagnolli, „Prometheus in Music. Representations of the Myth in the Romantic Era“, Routledge, Abingdon 2007, S. 27–93.

[26] Wiederholt stellt Schadow – dies sowohl in Zeichnungen wie in Plastiken – die nach oben hin ausgestreckten, noch nicht klassisch geformten Arme der Mme Viganò dar.

[27] Siehe dazu: Julia Ackermann, Melanie Unseld (Hg.), „Beethoven.An.Denken. Das Theater an der Wien als Erinnerungsort“, Böhlau, Wien 2020.