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bodaelae

Die Regisseurin Gitta Gsell begab sich mit ihrer Dokumentation „Bödälä – Dance the Rhythm“ auf die Spuren von Stampftänzen. Angeregt wurde sie für ihre Suche nach den Wurzeln jener Tänze vom amerikanischen Stepptanz. Fündig wurde sie bei Schweizer Volkstänzen. Mit Irish Tap und Flamenco kommen zwei weitere Varianten ins Spiel, bei denen die TänzerInnen ihre Füße in den Boden schlagen.

„Ein richtiger ‚Gäuerler’ muss etwas Explosives in sich haben. Einfach auf die Bühne kommen und ein bisschen bödelen und klatschen, mag vielleicht gut sein aber das ist nicht gäuerlen. Und abgerundet ist es erst, wenn er sich entfaltet und Sprünge macht und alles Mögliche macht, das man sich kaum vorstellen kann, bei dem ein Fremder denkt, was machen die eigentlich“, erklärt der Volkskundler Othmar Betschart aus der Schwyz. Der Werbetanz, bei dem der Mann die Frau mit allerlei wendigen Kunststücken zu beeindrucken versucht, ist mittlerweile emanzipiert. Die Friseurin Claudia Lüthi war die erste Frau in der Region, die selbst zu bödelen begonnen hat. Der Bauer und Zimmermann Elias Roth, fühlt sich sowohl in der Rolle des Werbenden als auch des Umworbenen wohl. Die beiden sind Protagonisten in Gsells Dokumentation, die diese urigen Tänze aus dem engen Schweizer Tal in die weite Welt zu katapultieren versucht. Sie stellt den alpinen Balztanz anderen Tänzen gegenüber, bei denen es ebenfalls ums rhythmische Stampfen geht.

Steppen steht im Mittelpunkt der Arbeit des Tänzers und Choreografen Lukas Weiss. Bei seiner künstlerischen Recherche spürt er dem Klang von Beton, Sand, Holz, Metall und vom Wiesenboden unter seinen Füßen nach und verarbeitet diese Erfahrungen in innovativen Shows, in denen er Stepptanz, Körpersprache und Jonglage vereint. In seiner Inszenierung „alpine tap“ hat er Bödälä und Gäuerle neu umgesetzt.

Anja Losinger kommt hingegen vom Flamenco, geht mittlerweile aber ihre eigenen künstlerischen Wege und nennt ihren Tanz nun Xala. Den Namen leitet sie von dem von ihr erfundenen „Instrument“, einer Art überdimensioniertem Xylophon, ab, das sie tanzend in Schwingungen versetzt.

Tränen fließen bei der ambitionierten jungen Frau, die sich für die Irish-Dance-Weltmeisterschaft in Belfast qualifiziert hat, als sie im Glamour-Kostüm mit Lockenperücke bei ihrem Tanz stürzt – aus der Traum vom Preis, Trauer über das Unglück und die „verlorene“, mühevolle Vorbereitungsarbeit ... Dazwischen sind immer wieder Szenen vom Preisbödelen in Toggenburg eingeblendet.

„Bödälä – Dance the Rhyhtm“ ist ein rasant geschnittener Film. Die Dokumentation verliert jedoch gelegentlich ihren Fokus, wenn sie sich zu sehr von dem Titel gebenden Tanz weg bewegt. Die Intention ist klar: Tradition versus Moderne ist bei allen porträtierten Tänzen ein Thema, doch Gsell lässt sich stellenweise mehr von ihren Protagonisten als von ihrem Konzept leiten.

So ist die (Wieder-)Entdeckung der urigen Schweizer Volkstänze inklusive Jauchzen, Trommeln und Singen eine nette Unterhaltung. Man freut sich am Schwytzerdütsch, das man dank Untertitel sogar versteht. Mit Bildern vom Almabtrieb der Kühe und Traktorfahrten über Felder wird ein Stück (heile) ländliche Idylle evoziert, die wohl ebenso dem Untergang geweiht ist wie die regional verhafteten Volksbräuche.

Die Verbindung zu den anderen Tanzformen besteht lediglich im Stampfen. Überregionale, ja weltweite Entwicklungen in die Moderne wie sie Irish Dance, Tap und Flamenco im Showbiz oder im künstlerischen Tanz vollzogen haben, bleiben Bödelen und Gäuerlen wohl erspart. Gitta Gsell, deren Filmographie vor allem Kurzfilme und und Dokus umfasst, hat ihnen mit ihrem 85-minütigen Film jedenfalls ein Denkmal gesetzt.

Bödälä – Dance the Rhyhtm“ läuft ab 20. Mai in österreichischen Kinos.

(Vor-)Premiere ist am 18. Mai um 19.30 Uhr im Wiener Gartenbaukino als Veranstaltung von ImPulsTanz in Kooperation mit POOOL Film und Swiss Life. Die TänzerInnen Claudia Lüthi und Elias Roth und der Performancekünstler Diederick Peeters sind an diesem Abend auf der Bühne zu erleben.