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corsaire SosnovschiDie weihnachtliche Aufführungsserie von "Le Corsaire" mitzuverfolgen kann für Kenner des klassischen Balletts durchaus ein Genuss sein. Viele Ballettfreunde in der stets ausverkauften Staatsoper? Das Publikum setzt sich eher wohl aus leger gewandeten Touristen zusammen. Und wenn sich auch der Applaus für die gezeigten tänzerischen Leistungen ein bisschen in Grenzen hält: Es sind sechs Aufführungen in bunt changierenden Besetzungen, von denen alle stimmige Leistungen zu bieten vermögen.

Von den Solisten, vor allem aber auch von den in vollem Einsatz elegant als Haremsdamen, hurtige Mädchen im Basar oder in klassischer Divertissement-Attitüde elegant herumschwirrenden Damen des Corps de ballet.

Die 2016 von Manuel Legris erarbeitet choreographische Version von Adolphe Adams "Le Corsaire" (uraufgeführt 1856 in Paris; jetzt in Wien ein musikalischer Fleckerlteppich mit ins Ohr gehenden Musikeinlagen von Pugni, Delibes, anderen Ballettkomponisten) führt mit einer Fülle an Aktionen und Szenenwechsel in das klassische akademische Ballett ein. Die banal erzählte Geschichte in der illusionären Szenerie bleibt nebensächlich, doch die herbeigezauberten orientalischen Bilder – 40 Musiknummern von der Ouvertüre bis zur Apotheose – können für Auge und Gemüt überflutend wirken.

Die unterschiedlichen Charaktere, unterschiedlichen technischen Möglichkeiten der sich in dieser Aufführungsserie in den diversen Rollen abwechselnden Tänzern zu vergleichen ist interessant. Leistungsunterschiede sind gegeben. Doch direkt wertend zu beurteilen mag in der derzeitigen Situation mit dem bevorstehenden Direktions- wie einem gewissen Personalwechsel nicht passend sein. Jedenfalls: das Wiener Staatsballetts wirkt zur Zeit voll ambitioniert und sehr homogen entwickelt.

Wie auch in der ansprechenden Aufführung am 26. Dezember mit dem Hauptpaar Olga Esina und Jakob Feyferlik. Als Korsar Conrad und seine Angebetete Médora wirken sie in ihrer eleganten Erscheinung wie ein nobles Prinzenpaar. Ioanna Avraam ist eine Gulnare in Weichzeichnung; Masayu Kimoto brilliert als besonders virtuoser Birbanto; präzise konturiert Alice Firenze als Zulméa; Seyd Pascha Maihail Sosnovschi strahlt herrschaftliche Souveränität aus; Tristan Ridel wächst als Lanquedem in seine Rolle hinein. Seriös das Orchester unter Valery Ovsianikov. Und wer sich im Publikum in diese absonderliche Ballettwelt hineinzudenken vermag kann einen an Impressionen reichen Abend erleben.

Wiener Staatsballett: „Le Corsaire“ am 26. Dezember 2019 in der Wiener Staatsoper. Weitere Vorstellungen am 29.Dezember sowie am 3. Jänner 2020