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tanznitegrazEin Tänzer dirigiert den Musiker, ein Musiker erteilt mit Requisiten Bewegungsimpulse und der Moderator „choreographiert“ das Publikum: Tanz Nite nennt sich so etwas, etwas, das immer wieder mit Neuem überrascht. Und im O-Ton hieß es, dass nicht nur Gast-Tänzer in diesem „Gast-Haus“ begrüßt werden könnten, sondern dass die Gäste, also das Publikum, selbstverständlich auch Bestellungen machen sollten.

Tatsächlich bot diese 6. Tanz Nite der Saison auf der Studiobühne des Grazer Opernhauses (die wie fast immer zu diesen Anlässen vollkommen ausverkauft war) alles oben Erwähnte und ergab damit eine anregende, bunte „Menüfolge“.

Als erste Gäste begrüßt wurden drei VertreterInnen des „Kjara's Dance Project“ aus Laibach, eine 2010 gegründete Initiative, die „contemporary ballet for young dancers“ im Programm führt. Das von ihnen gezeigte feine, kraftvolle kurze Solo ging über in eine klar strukturierte Dreier-Gruppierung in Linie, die durchaus Lust auf mehr macht.
Als Wunsch schwang dies zweifellos auch mit beim Gast-Auftritt von Tomas Danielis – ehemals Mitglied der Tanzkompanie der Oper Graz – , der einen kurzen Ausschnitt aus dem Solo zeigte, das tags darauf im Grazer TTZ seine Premiere haben sollte.

Nicht nur als Gast, sondern als neues Kompanie-Mitglied stellte sich Joao Pedro de Paula aus Brasilien vor (er war für den verletzen YiYIWang kurz vor der Premiere von „Die Liebe einer Königin“ eingesprungen). Mit jugendlichem Selbstbewusstsein integrierte er nicht nur Sprache, sondern auch eine Zuseherin in seiner kurzen Selbst- Präsentation. Noch mehr überzeugte er allerdings durch seinen klar akzentuierten rein tänzerischen Part.

Dass Serge Desroches im Mai das Grazer Opernhaus nach drei Jahren verlässt, ist nicht nur wegen seines gezeigten Abschied-Solos sehr zu bedauern. Seine starke Präsenz, gepaart mit Geschmeidigkeit und Kraft ist nur ein Grund dafür, sein unmittelbarer Zugang zur Musik ein weiterer. Und diesen bewies er in der von Darrel Toulon angeregten Improvisation zur wie immer großartigen musikalischen Interpretation von Reinhard Ziegerhofer am Bass: dieses Zusammenspiel geriet zu einem der Höhepunkte des Abends, mit eingeschlossen die von Ziegerhofer ins Tanz-Spiel gebrachten instrumentalen Requisiten.

Welch hohe Ansprüche und notwendiges Training Improvisation an Künstler stellt, wurde schon bei der Eingangs-Szene des Abends bewusst: Mini-Solo für Mini-Solo eroberten die Mitglieder der Kompanie die Bühne, das Übernehmen der jeweiligen individuellen Bewegung als eigene gelang immer wieder einmal als kurzer Übergang, aber selten als kreativ-eigenständige Weiterentwicklung.

Noch deutlicher wurde die Schwierigkeit, wenn die Publikums-Bestellung im interaktiven Teil des Programmes aufgenommen wurde: Sehr einfallsreich war den Zusehern eine „Menükarte“ zu Beginn des Abends ausgehändigt worden, als „Bausatz“ für eine Improvisation anhand von zu wählenden Teilen wie: Solo/ Duo etc., Sprache/Musik ja oder nein, Contact, Classical, Hip-Hop, Jumps etc. Was auf jeden Fall gelungen war, ist die Auseinandersetzung des Publikums mit den Möglichkeiten für eine Tanz-Kreation und damit ein besserer Zugang zum Gezeigten, bei dem das eine und andere schon auch gelang.

Recht gelungen das Experiment einer Choreographie von Mike Munoz in Zusammenarbeit mit Nicolo Ravenni als Musiker, bei der der Tänzer als Gesamt-Dirigent den Ton und die Bewegungen angab. Letztlich wurde noch die Bedeutung des Zusammenspiels von Musik (nicht zu vergessen die von Boris Mihaljcic), Bewegung und Licht abrundend gut bewusst gemacht.

"TanzNite 6" am 19. März in der Studiobühne der Oper Graz