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leroyxavierChoreograf Xavier Le Roy setzt bei seiner Neuinszenierung von „Low Pieces“, einer Arbeit aus 2010, auf pure, unverhüllte Körperlichkeit. Es entstehen ästhetische Bilder, in denen die Körper des Ensembles zu wundersamen Wesen zwischen Tier- und Pflanze verschmelzen. Bekannte PerformerInnen wie u.a. Anne Juren, Christine de Smedt, Krööt Juurak, Jan Ritsema und Xavier Le Roy selbst sind Teil des neunköpfigen Ensembles, das mit TänzerInnen unterschiedlicher Altersgruppen bestückt ist. Diese erzeugen malerische, wandelbare Tableaux vivants auf der Bühne.

Gerahmt und unterbrochen wird die Performance von Momenten tiefer Dunkelheit – Blackouts, in denen die ZuseherInnen auf sich selbst und ihre Gedankenwelt zurückgeworfen werden oder die gerade gesehenen Bilder auf sich wirken lassen können. Wenn das Licht wieder den Bühnenraum durchflutet, ist  ein völlig verändertes Bild auf der Bühne vorzufinden. Einzige Konstante: Es sind Bilder von nackten Körpern im Raum, malerisch hingestreckt oder sich wie Raubkatzen bewegend. Wunderbare, tierische Beziehungs- und Sozialstudien entstehen, die auch Bezüge zu menschlichen Verhaltensweisen erkennen lassen: Wenn einzelne Tiere, ohne einander anzusehen, sich ganz nahe zusammenfinden, kurz und intensiv Kontakt miteinander aufnehmen, um sich dann ebenso unvermittelt wieder voneinander zu entfernen, erwachen auch Assoziationen zu menschlichen Verhaltenmustern, die zuweilen ebenso mechanisch und instinkthaft gesteuert erscheinen können.

An den Beginn und das Ende der Arbeit setzt der Molekularbiologe und Choreograf Le Roy ein 15-minütiges Gespräch mit dem Publikum, es können Fragen an die PerformerInnen gestellt werden. Dabei entspinnt sich ein kurzer Austausch über die derzeitige Tanz- und Performancekultur, der im Verlauf des Gesprächs zu einem formulierten Wunsch wird: „Give us art“, ruft eine Zuseherin. Eine andere reflektiert diese Situation eines „KünstlerInnen-Gesprächs“ als Teil der Performance als artifizielle Situation, da die Gruppengröße gewöhnliche Gesprächssituationen um ein Vielfaches übersteige. Xavier Le Roy lud mit diesem ersten Part jeden einzelnen Zuseher und jede Zuseherin ein, sich eigene Gedanken zu den danach folgenden Bildern zu machen.

Im zweiten, an das Ende der Performance gestellten Gesprächsteil, der in völliger Dunkelheit erfolgte, hatte sich die Gesprächskultur schon verändert. Die Dunkelheit und die gemeinsam erlebte Aufführung öffnete Schleusen und so wurde eine eindrucksvolle Szene der Arbeit, die sich ebenfalls in vollkommener Dunkelheit abgespielt hatte, vom Publikum - das Gespräch wieder und wieder unterwandernd - zitiert: Schreie von Vögeln, die sich in stets hörbar verändernden Formationen durch den Raum bewegen und deren heiser zurückgenommene oder intensiv herausgestoßene Rufe den dunklen Bühnenraum lebhaft bevölkern. Das Gespräch, das nun auch manche von der Dunkelheit ermutigte Selbstdarsteller im Publikum zu entfesseln drohte, und die Aufführung fanden ihr Finale in einem kräftigen Applaus.

Xavier Le Roy, „Low Pieces“, 27. Juli, Halle G Museumsquartier, www.impulstanz.at


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