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mayerling2010Als Liebhaber verabschiedete sich Wolfgang Grascher in „Mayerling“ von seinem Publikum in der Staatsoper. Abschied zu nehmen galt es auch von der Sir Keneth MacMillans angejahrtem Ballett „Mayerling“, zumindest für die kommende Saison. Zu den Favoriten des neuen Ballettdirektors, Manuel Legris, zählen die Irrungen und Wirrungen am österreichischen Hof wohl nicht.

Grascher, geboren in Wien, war seit 1982 Mitglied des Wiener Staatsopernballetts und seit 1996 Solotänzer daselbst. Viele seiner Auftritte werden in Erinnerung bleiben, besonders aber einer, in der Grascher auch sein komisches Talent zur Geltung bringen konnte: als Witwe Simone in Frederick Ashtons zauberhaftem Ballett „La Fille mal gardée“. Als eleganter Liebhaber der Kaiserin Elisabeth, Colonel „Bay“ Middleton, hat er sich nun mit Handkuss verabschiedet. Im Trippelschritt überreichte ihm eine Minielevin die verdienten Rosen.

Die Vorstellung, für diese Saison ebenfalls der letzte Ballettabend an der Staatsoper, verlief trotz eines sich wirr drehenden Besetzungskarussells, vor allem im ersten Teil ohne Überraschungen. Das Personenarsenal, das McMillan aufmarschieren lässt, bleibt verwirrend, die Dekoration düster und verstaubt. Ketevan Papava tanzte eine hoheitsvolle, eiskalte Elisabeth; Marie-Claire D’Lyse, brachte als freche, berechnende Mizzi Caspar wenigstens einen Hauch von Erotik in das schmuddelige Puff. Als Gräfin Larisch wurde Ersatz aus Budapest ins Karussell geholt: Dace Radina ist dort Erste Solistin.

Getragen und zum Erlebnis wurde der Abend durch Gregor Hatala als Rudolf. Bravourös meistert er die schwierige und akrobatisch anspruchsvolle Partie, die ihm sechs unterschiedliche Partnerinnen beschert und eine differenzierte und nicht gerade auf Sympathie ausgelegte Charakterzeichnung verlangt. Hatala tanzt einen an sich selbst und der Welt zweifelnden, genuss- und zugleich todessüchtigen jungen Mann, der Liebe verlangt, aber nicht lieben kann, der Ruhe sucht und nur Verzweiflung findet. Kongenial Maria Yakovleva als Mary Vetsera. Mit ihrem erstem Auftritt im 2. Akt gewinnt der Abend an Farbe und Emotion. Yakovleva ist eine Mary wie aus dem Bilderbuch, naiv und fordernd, verrückt und vernünftig, verführerisch und ruppig, verspieltes Mädchen und liebende Frau, die Rudolf nimmt wie er ist und ohne Zagen mit ihm in den Tod geht. Beim letzten Pas de deux vergisst das Publikum zu atmen und – wie angenehm – zu applaudieren bis Dirigent Guillermo Garcia Calvo den Stab senkt und der Vorhang gefallen ist.