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buchcoverhosenrolleZu allen Zeiten war es eine spannende Vorstellung, in die Rolle des anderen Geschlechts zu schlüpfen. Doch konnten die meisten Gesellschaften dieses Spiel (für manche auch eine Notwendigkeit) nicht tolerieren und es blieb der Regentschaft der Narren und dem Theater vorbehalten, Männer in Röcke und Frauen in Hosen zu stecken. Doch selbst auf die Bretter, die Welt bedeuten hatten Frauen lange Zeit keinen Zutritt. Daher mussten Männer auch in Frauenrollen auftreten.

Wie Susanne de Ponte, Autorin des informativen und kurzweiligen Bandes über die „wechselvolle Geschichte der Hosenrolle auf dem Theater“, erklärt, ist Hosenrolle nicht gleich Hosenrolle. Da gibt es die sogenannte „falsche Hosenrolle“, wenn weibliche Bühnenfiguren männliche Verhaltensweisen (und auch Accessoires) zeigen. Die „verkleidete Hosenrolle“ amüsiert das Theaterpublikum etwa bei Shakespeare, wenn Frauen sich nach des Autors Willen als Männer verkleiden, um nicht erkannt zu werden. Die „echte Hosenrolle", sind männliche Bühnenfiguren, die von Frauen dargestellt werden. Die berühmteste Hosenrolle ist sicher die des Octavian, des jungen Geliebten der Feldmarschallin in Richard Strauss’ Oper „Der Rosenkavalier“. Das erotische Spiel „en Travestie“ hat einen realen Hintergrund: Octavian wird von einer Mezzosopranistin gesungen.

Im Ballett ist dieses Verwechslungsspiel wesentlich schwieriger, doch traten schon im 19. Jahrhundert Frauen in Männerrollen auf, möglicherweise um den vielen ätherischen Ballerinen im klassischen Ballett eine handfeste Figur gegenüber zu stellen.

Heute, da man weiß, dass es eine nahezu unübersehbare Bandbreite an Geschlechtsidentität gibt, ist es nicht nur auf der Bühne sondern auch im realen Alltag kein Problem mehr, durch Kleidung und Gebaren das Geschlecht zu wechseln. In der Performance treten androgyne Wesen auf, die sich keinem Geschlecht eindeutig zuordnen lassen, Männer, die sich in eine Frau verwandeln und, am häufigsten, Frauen, die auch auf der Bühne ihren Mann stehen wollen. War es noch im 19. Jahrhundert ein erotisches Spiel, das die Zuschauer genossen, so ist dieses im 21. zur politischen Aussage geworden.

Im umfangreichen, reich bebilderten „Katalog zum Bestand des Deutschen Theatermuseum, Band 2“ dokumentiert die Autorin die Geschichte der Hosenrolle und belegen die jeweiligen Moden der Damen en Travestie mit zahlreichen Beispielen. Auf der beiliegenden DVD sind mehr als 600 Stücke mit den dazu gehörenden Detaildaten zu den enthaltenen Hosenrollen zu finden. Der Band gefällt nicht nur durch ein ausführliches Literaturverzeichnis und das Personenregister, sondern auch durch ein Leitsystem, dass es sowohl möglich macht, einen gesuchten Zeitraum und die nationale Lokalisierung zu finden, wie auch die einzelnen Theatersparten, sodass etwa die Ausführungen zu Ballett und Tanztheater auf einen Blick zu erfassen sind.

Susanne de Ponte, Anastasia Fischer, Veronika Wagner: "Ein Bild von einem Mann – gespielt von einer Frau" edition text + kritik, 2013. 220 S., ISBN:  978-3-86916-271-3; 2013

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Ein Bild von einem Mann - gespielt von einer Frau: Die wechselvolle Geschichte der Hosenrolle auf dem Theater (Kataloge zum Bestand des Deutschen Theatermuseums)