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Allegro BrillanteAb nächster Spielzeit firmiert das „Bayerische Staatsballett II / Junior Company“ als „Bayerisches Jugendballett“. Seit 2010 ist in Bayern die von Staatsballettgründerin Konstanze Vernon und Ivan Liška (Kompanieleiter bis Ende vergangener Spielzeit) ins Leben gerufene Junior Company aktiv – als Kooperationsprojekt des Bayerischen Staatsballetts, der Ballett-Akademie der Hochschule für Musik und Theater München sowie der Heinz-Bosl-Stiftung.

Die hatte Vernon 1978 als Hommage an ihren früh verstorbenen Bühnenpartner Heinz Bosl mit Blick auf eine fundierte Ballettausbildung gegründet. Später lautete ihre Devise: „Wir wollen aus Studenten konkurrenzfähige Tänzer formen. Maßgeblich dafür verantwortlich ist das Bayerische Staatsballett II.“ Damit standen nicht länger Kinder im Fokus der Förderung, sondern jene, die sich am Ende ihrer Lehrzeit für eine Profikarriere entschieden hatten.

Tanz ist eine Berufung. Die Kunst, ihn zu beherrschen, verlangt sogar großen Talenten viele Opfer und zahlreiche Härtetests ab. Theater sind oft zögerlich mit Anfängern oder lassen diese erst mal auf der Ersatzbank schmoren. Die Idee, mittels einer Kompanie für junge Tänzer eine Brücke zwischen Schule und Beruf zu schlagen, kannte Liška durch das von Jiří Kylián initiierte Nederlands Dans Theater II. In seinen Augen „eine Notwendigkeit, mit deren Hilfe sich zugleich qualifizierter Kompanienachwuchs formen lässt.“ Wie im Fall von Jonah Cook. Noch zu Vernons Lebzeiten startete der 20-Jährige seine Karriere als Volontär mit einem Vertrag für das 16-köpfige Staatsballett II. Heute tanzt er als Solist in München und erobert sich Rolle für Rolle – von Crankos Romeo über Grigorovichs Crassus und Wheeldons „Alice“-Hutmacher bzw. Herzbuben.

Liška, der seit Vernons Tod 2013 der Stiftung vorsteht, will „den Status quo des Konstrukts beibehalten, weil es sich in sieben Jahren bewährt hat“. Unter den Stiftungsmitgliedern vertritt Hans-Georg Küppers die Landeshauptstadt und ist, wie Liška betont, „mit Begeisterung dabei“. Es gilt ja, einen Ausbildungsbetrieb (und keine weitere Münchner Kompanie) zu unterstützen. Dennoch könnte sich das Bayerische Staatsballett II unter Liškas künstlerischer Führung bald eigenständiger weiterentwickeln.liska lacarra

„Noch ist nicht alles unterschrieben. Aber über die Zukunft der Formation muss man sich keine Sorgen machen.“ Ein Wegfall, wie befürchtet, ist vom Tisch. „Auch weil das Staatsballett – so wie es in der Kooperation vorgesehen ist – die Junior Company auch in der kommenden Saison bei fast der Hälfte aller Produktionen weiterhin in Anspruch nehmen wird.“ Verständlich, dass Ballettchef Igor Zelensky erst einmal die komplizierten Strukturen begreifen musste. „Sein Verständnis ist, nach fast einem Jahr, vorangeschritten“, so Liška, „aber es ist eben nicht ‚sein‘ Kind“.

Wenn Ende der Spielzeit zum Auslauf ihrer zeitlich befristeten Verträge sieben Tänzer das Staatsballett II verlassen, werden Zelensky und Liška zusammen die nachrückenden Volontäre auswählen, „damit sie in ihrer Physis und Anmutung auch den Vorstellungen der neuen Direktion entsprechen.“ Über die Stipendiaten, die an der Hochschule für Musik und Theater München immatrikuliert sind, entscheiden Liška und Akademie-Leiter Jan Broeckx gemeinsam.

Das kleine Ensemble, in das alle zwei Jahre neue Hoffnungsträger im Alter zwischen 18 bis 21 Jahren eintreten, bekommt allerdings ab nächster Spielzeit einen neuen Namen verpasst: Bayerisches Jugendballett München. „Der eingeführte Name wird geändert, so wie eine Hose umgenäht wird. Unser Agent, der uns in Deutschland vertritt, fährt besser damit.“ Die administrative Verantwortung für die neun Volontäre und sieben Heinz-Bosl-Stiftungs-Stipendiaten (sie bilden zusammen die Münchner Junior Company), lag bisher beim Bayerischen Staatsballett. Nun wird die Heinz-Bosl-Stiftung – also Ivan Liška – diesen Aufgabenbereich übernehmen. Ebenso wie Reiseplanung und Tourkoordination.

Dass sich die tanzbegeisterte Mäzenin Irène Lejeune erneut als „Botschafterin“ – nun nicht mehr der Hauptkompanie wie zu Liškas Amtszeit, sondern der neu firmierenden Nachwuchs-Truppe – engagieren will, war vorhersehbar. „Die Stiftung beschränkt sich auf Honorare für das künstlerische Personal und zahlt die musikalischen Rechte.“ Lejeunes finanzielle Zuwendungen sichern den künftigen Erhalt. Inwieweit sie direkt in neue Projekte der international aktiven Profi-Formation fließen werden, bleibt abzuwarten.

Rund 20 Aufführungen pro Jahr mit Werken aus Klassik und Moderne sowie Tourneen ins In- und Ausland (jüngst: Schlemmers „Triadisches Ballett“ beim Hongkong Art Festival) absolvieren die Mitglieder der Junior Company. Für Liška wichtige Säulen der Förderung, da sie verschiedene Handschriften und Rollen, die sie anderswo noch nicht tanzen dürften, zu übernehmen lernen, ebenso wie Verantwortung für ihre künstlerische Arbeit. „Durch hervorragende internationale Pädagogen wird ihnen eine Exzellenzausbildung geboten, innerhalb derer sie Partien des Repertoires oder Kreationen zeitgenössischer Choreografen erarbeiten. Mit diesen reisen sie dann um die Welt. Danach sind sie reif für ein Engagement in anderen namhaften Ensembles.“

Jardi TancatIn der Münchner Herzogstraße 3 stehen mit dem Choreografie-Zentrum und Konstanze-Vernon-Saal über 200 qm2 eigener Probenraum zur Verfügung. Kurz vor Ostern gastierten die Junioren im Theater Ingolstadt. Die Stadt hat, wie alle Tour-Stationen, kein eigenes Ensemble. Mit George Balanchines neoklassischem „Allegro Brillante“, Nacho Duatos modernem „Jardí Tancat“, Richard Siegals jazzlaunigen „3 Preludes“ und August Bounonvilles flirtseligem Kurzballett „La Ventana“ erfüllt die Junior Company ein weiteres Ziel: „Rezeption und Begeisterung für Tanz weiter zu verbreiten.“ Das Programm umfasst eine beachtliche Bandbreite an Stücken, die jeweils innerhalb der jährlich viermal ausgerichteten Matineen der Bosl-Stiftung im Nationaltheater Premiere haben.

Zuletzt im Rahmen der Ballettfestwoche das hübsche, fußfeurige „La Ventana“, in dem Carollina de Souza Baston sich als strahlende Solistin präsentierte und allen seinen Kollegen voran Francesco Leone rasant-schnelle Sprungfolgen ebenso leicht und charmant wie perfekt darbot. Norbert Grafs Sehnsuchts-Elegie „Avedis“ (Musik: Djivan Gasparyan) tanzten Sarah Schäfer und Benjamin Balasz mit beachtlich reifer Hingabe. Sie berührten das Publikum tief. Konkurrenzstark traten außerdem die Schüler und Studenten der Ballett-Akademie mit vier weiteren Beiträgen auf. Besonders gelungen: Kinsun Chans Uraufführung „Storm“. Bereits zum dritten Mal kreierte der aus Vancouver stammende Künstler damit ein atmosphärisch überaus einfallsreiches Stück – für verschiedene Altersstufen zugleich. Ein Glücksfall für Akademie-Leiter Jan Broeckx. Was diesen nämlich mit Ivan Liška als künstlerischen Leiter des „Bayerischen Jugendballetts“ verbindet: „Man muss stets die richtigen Choreografen und passenden Werke für die jungen Leute finden“.

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