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manonlazikKenneth MacMillans „Manon“ in der alternativen Besetzung mit Nina Poláková und Roman Lazik: Eine solide Vorstellung. Poláková und Lazik zeigten sich mit ihrem Rollendebüt als harmonisches Paar, das die schwierigen Schrittkombinationen problemlos meistert. Technisch brillant und darstellerisch beeindruckend auch Mihail Sosnovschi als Lescaut, so wie Davide Dato, der als Bettlerkönig schon bei der Premiere imponieren konnte.

Die Manon der Poláková ist kein unbedarftes Mädchen, das vom Blitz der Liebe getroffen ist. Von Beginn an ist klar, diese junge Frau will beides, Liebe und Luxus, und so ist sie weniger die Verführte als die Verführerin. Ein ausgemachtes Luder, eigentlich. Vielleicht muss deshalb die Liebe Des Grieux’ von Roman Lazik so verhalten getanzt werden. Erst am Ende, wenn der  Liebhaber die verurteilte Manon aus den Fängen des Aufsehers (Debüt für Alexis Forabosco) befreien will, diesen ersticht und mit der sterbenskranken Geliebten flieht, kann Lazik zeigen, wohin die Liebe führen kann. Im letzten Pas de deux war neben der technischen Makellosigkeit auch die Dramatik und reiche Gefühlspalette, die MacMillan mit seinem raffinierten Vokabular vorschreibt, spürbar. Weich und biegsam gibt sich Poláková Manons Todeskampf hin, während Lazik unverbrüchliche Liebe und unsägliches Leid zum Ausdruck bringt.

In Bestform zeigte sich Mihail Sosnovschi als Manons Bruder Lescaut. Die Rolle scheint ihm auf den Leib geschrieben,  ein Taugenichts, aber kein Bösewicht, der Spiegel des Bettlerkönigs, nur aus besserem Haus. Kontrolliert bis an die Grenzen des Klamauks tanzend konnte er als Betrunkener im Salon von Madame das Publikum zu Lachstürmen und seine Geliebte (präsent und erotisch: Ketevan Papava) zu akrobatischen Glanzleistungen hinreißen. Davide Dato ist ein pfiffiger Bettlerkönig, der an seinen Possen und akrobatischen Kunststücken sichtlichen Spass hat. Der junge Halbsolist zeigt eine strahlende Energie, die kaum zu dämpfen ist. 

Wie engagiert und motiviert das gesamte Ensemble des Staatsballetts ist, mag die Tatsache beweisen, dass nicht nur Dato und Sosnovschi sondern auch Maria Alati, Liudmila Trayan, Dumitru Trajan und sicher einige nicht genannten Damen des Corps an zwei Abenden hintereinander mit völlig unterschiedlicher Bewegungssprache („Blaubarts Geheimnis“, geschaffen 2011, / „Manon“, 1974 ) zurecht kommen mussten und keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigten. Eine rundum gelungene Vorstellung.

Kenneth MacMillan: „Manon“, am 18. Jänner 2013, Staatsoper.

Nächste Vorstellungen: 25. 1. (Poláková, Lazik), 2. und 9. Februar (Irina Tsymbal, Vladimir Shishov).