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labuteDie Kunst der Manipulation. Der amerikanische Autor Neil LaBute spielt in seinem Stück „Das Maß aller Dinge“ mit unterschiedlichen Beziehungsebenen. Vordergründig geht es um Manipulation, doch darunter offenbaren sich Machtgelüste und Weltverbesserungsansprüche, die einen das Schaudern lehren. Die Produktion des Linzer Theater Phönix gastierte im WuK.  Dessen künstlerische Leiter für Tanz und Theater, Johannes Maile, führte Regie.

Evelyn ist eine selbstbewusste Kunststudentin. Im Museum trifft sie auf den schüchtern-verklemmten Adam, der ihrem Charme und ihrer Zielstrebigkeit erliegt und sich Hals über Kopf in die schlagfertige Künstlerin verliebt. Mit sanftem Nachdruck beginnt Evelyn, Adam systematisch zu verwandeln. Aus Liebe zu ihr geht er ins Fitnessstudio, was ihm zugegebenermaßen keinen Spaß macht, und verliert Kilos. Er verändert seine Frisur, tauscht die Brille gegen Kontaktlinsen,  zieht nun schicke Klamotten an und lässt sich auch zur Nasenoperation überreden. Evelyn dokumentiert ihr gemeinsames Leben sorgfältig auf Videos und Fotos.

Sein Freund Phil und dessen Verlobte Jenny nehmen Adams Veränderungen unterschiedlich auf. Während Phil sich gleich beim ersten Treffen mit Evelyn in die Haare gerät, gratuliert Jenny Adam zum neuen Auftreten und findet ihn nun ganz süß und attraktiv und beginnt ein Techtelmechtel mit ihm, das gravierende Konsequenzen haben wird. Auch die Freundschaft zu den beiden opfert Adam auf dem Altar der Liebe.

Doch dann folgt das böse Erwachen. Denn nicht Liebe treibt Evelyn an, sondern ihr Kunstprojekt – und das ist Adam. Bei der Präsentation ihrer Abschlussarbeit stellt sie ihn als ihr Studienobjekt vor. Er war das Thema ihrer Diplomarbeit, in der es darum ging, wie man aus einem x-beliebigen Typen den idealen Loverboy macht. Cool und sachlich referiert sie darüber und lässt Adam in einem emotionalen Supergau verletzt und verdattert zurück.

Johannes Maile inszeniert diese Geschichte im ständigen Wechsel zwischen Komödie, Psychothriller und Drama und mit großartigen Schauspielern. Matthias Hackl als Adam ist in seiner Wandlungsfähigkeit erstaunlich.  In dem knapp 80 Minuten dauernden Stück verwandelt er sich glaubwürdig vom tolpatschigen Dickerchen zum feschen Mannsbild. Lisa Fuchs ist für die Rolle der Evelyn eine Idealbesetzung. Mal erotische verführend, dann wieder eiskalt berechnend, spöttisch überheblich oder unschuldig naiv – gekonnt spielt sie auf der Klaviatur der Gefühle und lässt dabei da und dort eine an Wahnsinn grenzende Besessenheit anklingen.

„Das Maß der Dinge“ könnte auch als Parabel auf unsere Marken- und Beauty-süchtige Gesellschaft interpretiert werden, doch Maile hat sein Augenmerk auf die Abgründe von Macht, Beherrschung und Unterwerfung gelegt und sie – manchmal verstärkt durch Close Ups auf einer Videowall – sicht- und spürbar gemacht.

Die weitere Ebene in LaButes Stück ist der Konflikt zwischen Kunst und Moral und dem großspurigen Exhibitionismus des zeitgenössischen Konzeptualismus. Dazu passt das coole Bühnenbild von Nico de Rooij – ein Raum, durch weiße Kartonwände begrenzt –, der sowohl den experimentellen Charakter der Kunststudentin als auch ihre emotionale Kälte widerspiegelt.

Ein fesselnder und berührender Theaterabend.

Theater Phönix / Johannes Maile „Das Maß der Dinge“ am 23. Oktober 2012 im WuK

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