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In dem halben Jahr seit seinem Amtsantritt als Ballettdirektor hat Manuel Legris das ehemalige Ballett der Wiener Staatsoper und Volksoper als Wiener Staatsballett zu Höchstleistungen motiviert. Neubesetzungen in der bisherigen Aufführungsreihe von „Don Quixote“ bestätigen, dass diese Compagnie bestens aufgestellt ist.

Natürlich war es die wichtigste Premiere in dieser Saison. Dass „Don Quixote“ jedoch so vollendet über die Bühne ging, hatte am Anfang dieser Saison wohl niemand erwartet. Die Premiere war ein Erfolg für alle Beteiligten, die Solisten, das Corps und ein Triumph für den jungen Denys Cherevychko, dem man vor einem Jahr wohl technisches Können, aber nicht das Format für eine tragende Rolle attestiert hätte. Legris wusste es zum Glück besser. 

Für die zweite Besetzung war das Wagnis sogar noch größer, betraute er doch den jungen Corpstänzer Masayu Kimoto mit der Rolle des Basil. Kimoto hatte zuvor schon in der Forsythe-Choreografie im Programmabend „Juwelen aus Amerika“ und im Lightfoot/León-Stück im Rahmen von „Spuren und Schritte“ auf sich aufmerksam gemacht. Doch gleich die Hauptrolle in „Don Quixote“? Ja, denn Kimoto ist ein Riesentalent und meistere die Herausforderung mit Bravour, auch wenn er als Partner von Nina Poláková mit seiner Kraft und mit der Rolle des feurigen Liebhabers an seine derzeitigen Grenzen stößt – doch diese sind noch  erweiterbar. Die Ernennung zum Halbsolisten hat er sich jedenfalls mehr als verdient.

Kein Glück hatte der Ballettdirektor mit seinen Gästen aus Russland, die beide krankheits- oder verletzungsbedingt absagen mussten. Andererseits gab das den Wiener SolistInnen erneut die Möglichkeit, die Rollen zu tanzen. Denys Cherevytchko hat sich die Figur des Basil mittlerweile brillant angeeignet. War er bei der Premiere noch der seiner Kitri ergebene jugendliche Liebhaber, ist er mit Maria Yakovleva  ein hinreißenes, bestens eingespieltes Paar. Denys alias Basil ist in einem Monat ziemlich erwachsen geworden und hat dabei noch an Charme und Frechheit zugelegt.

Abgesehen von den Hauptpartien zeigten auch die Neubesetzungen anderer Rollen, wie gut die Compagnie aufgestellt ist. Großartig war etwa Richard Szabó als feuriger Zigeuner. Einen wahren Talente-Fundus gibt es bei den Damen, etwa mit den Halbsolistinnen Ioanna Avraam, Kiyoka Hashimoto, Maria Alati und Rui Tamai, die als Amor, Freundin Kitris oder Erste Brautjungfer neue Rollen tanzten. Die Straßentänzerin von Karina Sarkissova war ein deftiges Straßenmädchen. Nur Roman Lazik ließ als Espada das spanische Temperament vermissen. Bei allen gesehenen Folgevorstellungen war das Ensemble ebenso animiert wie präzise bei der Sache.

Mit Guillermo García Calvo und Ermanno Florio sind jeweils erfahrene Ballettdirigenten am Pult des Wiener Staatsopernorchesters, die die TänzerInnen nie aus den Augen verlieren.

Wien sei keine Tanzstadt, meinte der ehemalige Staatsoperndirektor Ioan Holender immer. Sein Nachfolger Dominique Meyer straft seinen Vorgänger Lügen. Denn seit seiner Direktionsübernahme sind nicht nur die Ballettvorstellungen ausverkauft,  es herrscht auh eine ganz andere Stimmung im ganzen Haus. Die TänzerInnen sind  nun „geliebte Kinder“ (O-Ton Meyer) und der Hausherr ist bei jeder Ballett-Premiere (bei aller eleganten Zurückhaltung) deutlich sichtbar dabei. Und mit dieser Unterstützung hat das Wiener Ballett erstmals seit Langem wieder die Chance auf dem internationalen Tanzboden in vorderster Reihe mitzutanzen. Dass es das Zeug dafür hat, hat es jedenfalls in den letzten sechs Monaten ausgiebig bewiesen!

"Don Quixote" am 5. März, 15. März, 25. März 2011in der Wiener Staatsoper

Weitere Vorstellungen: 1. und 25. April 2011

www.wiener-staatsoper.at