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theaterfaust3Fast dreißig Jahre nach der Aufführung von Goethes „Faust“ überrascht das Ensemble Bretterhaus mit einem dritten Teil des Dramas. Mit Tanz und Live-Musik bieten Stars von damals gemeinsam mit der nächsten Generation einen facetten- und auch lehrreichen langen Abend. Getragen wird Fausts Rückkehr auf die Erde von den beiden Profis Michael Schuberth als Faust und Andy Freund als Mephisto.

In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat der Therapeut und Autor Peter F. Schmid als Gründer und künstlerischer Leiter des Ensembles Bretterhaus Theatergeschichte geschrieben. Das 1979 als Theatergruppe der Studentengemeinde Wien-Pfeilgasse gegründete Amateurtheater begeisterte in den zehn Jahren seiner regelmäßigen Aufführungen mit Inszenierung von „Jesus Christ Superstar“, den beiden Teilen von Goethes „Faust“ oder Shakespeares „Hamlet“ an die 160.000 ZuschauerInnen. Mit der spezifischen Methode der Rollenentwicklung und der Gabe auch Massen zu bewegen und zu führen, gelang es Schmid die Amateure zu respektablen Leistungen anzuspornen und auch die Kritik zu begeistern. Zwei seiner Stars aus „Jesus Christ Superstar“ sind längst in der Profiliga tätig: Michael Schubert als Schauspieler, Andy Freund als Musiker, Sänger und Komponist. Jetzt haben sie dem Bretterhaus zu einem Revival verholfen, zu dessen Erfolg auch die jungen Mitwirkenden ihren Teil beitragen.

Schmid hält sich mit seinem – großteils in den von Goethe vorgegebenen Knittelversen verfassten – Text an „Faust II“, lässt aber Heinrich Faust, der von Goethe in den Himmel entlassen worden ist, wieder auf die Erde kommen. Der Teufel will es so, weil er an die Läuterung des üblen Kerls nicht glaubt. Gott ist müde und stimmt zu, die Engel wackeln mit dem Hinterteil zu „White Christmas“.

Nach der „kleinen Welt“ im ersten Teil und der „großen, weiten“ im zweiten, soll sich Faust nun nach Innen begeben, die dritte Welt in sich selbst erforschen. Das gibt dem Autor allerhand Gelegenheit sich mit seinem Metier, den konkurrierenden Therapieformen; der Wissenschaft, dem Theater und dem Lauf der Welt überhaupt kritisch und satirisch auseinanderzusetzen. Und weil es der Teufel es faustdick hinter den Ohren hat und Heinrich eben ein schwacher Mensch ist, muss sich das Publikum mit Lust und Frust, Ehrgeiz und Gier, Mutter und Vater auseinandersetzen.

Präsentiert wird die Show im Himmel und auf Erden und sogar in er Hölle von dem etwa 25köpfigen voll Spielfreude agierenden Ensemble als Musical mit Gesang und Tanz (Choreographie: Miriam Schmid), live begleitet von Franz Knapp. Abgesehen davon, dass durch die Mitwirkung der Profis die mangelnde Sprechausbildung mancher Darsteller besonders unangenehm auffiel, wirkte sich die Allmacht Peter F. Schmids als Regisseur und Autor, Theaterleiter und Produzent nicht gerade günstig auf den so amüsant und flott begonnenen Abend aus. Der Autor entpuppt sich als Kanzelredner (auch wenn alles stimmig ist, was er mitzuteilen hat) und erlaubt dem Regisseur keinerlei Kürzung und Straffung. Der Regisseur spornt den Autor zu immer neuen Einfällen und auch Redundanzen an, sodass der Abend summa summarum nahezu vier Stunden währt. Dass Autor und Regisseur gemeinsam kein Ende finden können und die Showkatze sich in einige Schwänze beißen muss, bis das Ensemble endlich den verdienten Beifall entgegen nehmen darf, zeigt allerdings nahezu professionellen Usus.

Schmid nennt die Uraufführung „ein Fragment“ und verspricht eine fertige Version im Frühjahr. Bis dahin wird der Autor wohl Disziplin gelernt haben und so manchen (guten) Gedanken, so manchen (witzigen) Satz dem Streichstift opfern. Erwähnt sei abschließend noch, dass „Faust III“ von Peter F. Schmid nicht die erste Fortsetzung von Goethes Doppeldrama ist. Schon vor 150 Jahren hat Friedrich Theodor Vischer eine Satire gleichen Titels geschrieben, in der er sich über Literatur und Literaturwissenschaft lustig macht. Auch dieser Farce wird bescheinigt „höchst umfänglich“ zu sein. In der Schuld steht der geheime Rat Johann Wolfgang.

Bretterhaus: „Faust III. Ein Fragment“, 22. November 2010, Theater Brett.

Nächste Aufführungen: 23., 24., 25.  November.

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