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Onegin 6John Crankos „Onegin“ zur Musik von Tschaikowski ist ein Garant für gut gefüllte Sitzreihen, und so war es auch in der Serie im Jänner, in der Hyo-Jung Kang die Figur der „Tatjana“ und Brendan Saye die Titelrolle tanzten. Während Kang technisch und mimisch Ausgezeichnetes leistete, blieb Saye ein recht steifer Onegin. 

Viel wurde bereits über John Crankos meisterhafte Ballett-Choreographie in der überarbeiteten Fassung von 1967 geschrieben, auch an dieser Stelle. Im Wesentlichen konzentriert sich die Faszination dieses Klassikers auf zwei Momente: Der großartigen Verdichtung des Romans von Alexander Puschkin in ein kongeniales Tanznarrativ und eine Choreographie, in der klassisch-akademischer Tanz den Beweis erbringen kann, wie schön und ästhetisch wirkungsvoll er immer noch sein kann. Es funktioniert ähnlich wie in einer Oper, in der Gesang und Musik die dramaturgische Grundlage sind und nicht einfach gesungene Texte mit instrumenteller Begleitung. Auch in gelungenen Handlungsballetten wird ein Thema nicht vertanzt, sondern der Tanz ist die essentielle Basis.Onegin 1

Hyo-Jung Kang, hat einen großen Startvorteil, da sie John Cranko und auch den „Onegin“ sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen hat. Die Südkoreanerin wurde in der Stuttgarter Cranko-Schule ausgebildet und von Reid Anderson schließlich zur Ersten Solistin des Stuttgarter Balletts  ernannt, die sie auch in Wien unter Martin Schläpfer ist. Dennoch ist es gar nicht so selbstverständlich, da zu reüssieren. Gerade mit solch einer Ausbildung und Praxis liegt die Latte hoch und das Risiko zu scheitern, ist groß.

Onegin 5Davon kann zum Glück keine Rede sein, denn Kang wuchs über die Figur der Olga in jene der Tatjana hinein, die sie mit der richtigen Mischung aus Leichtigkeit und starker Gestik gestaltete. Ist ihr Tanz im ersten Akt ätherisch und nach oben gerichtet, wird er im Verlauf der drei Akte immer körperlicher und erdnäher. Man würde ihrem Glanz nur einen Partner wünschen, der weniger steif als der neue Erste Solist Brendan Saye agiert, dem es sowohl an Ausdruck als auch an Beweglichkeit fehlt. Klarerweise leben die berühmte Pas de deux von den anspruchsvollen Hebungen und Würfen der Tänzerin, aber auch für den Tänzer wäre mehr drin als eine Art Hebekran-Funktion. Sayes Onegin verändert außerdem leider weder sein Spiel noch den Tanz während des Abends. Hat Kang ihren Puschkin offenbar auch gelesen, sieht man solches Saye jedenfalls nicht an.Onegin 4

Der Part der Olga wird von der quirligen Solistin Aleksandra Liashenko getanzt, den Lenski hat diesmal Arne Vandervelde übernommen, beide solide, wenn auch nicht sonderlich engagiert. Auch Igor Milos als Fürst Gremin würde etwas mehr Lockerheit nicht schaden. Bei den Corps-Tänzer*innen würde man wünschen, selbstbewusste Mienen zu sehen anstelle der manchmal unsicher wirkenden Blicke. Insgesamt ein braver Abend, der eher „Repertoire“-Charakter hat als – trotz Einstudierungs-Hilfe von Reid Anderson – ein Ballett-Fest zu sein, was dem Werk immer noch entsprechen würde, 

Das Orchester der Wiener Staatsoper leitete beherzt Robert Reimer.

Wiener Staatsballett: „Onegin“ am 27. Jänner 2023 an der Wiener Staatsoper.

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